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Piqd vor allem beim Deutschlandfunk die Rosinen heraus, wann immer es bei dem Sender um Europa geht. Als Korrespondent mit Sitz in Polen geht der Blick vor allem nach Osten.
Geboren 1968 in Braunschweig. Studium der slawischen Sprachen und der Geschichte Osteuropas in Kiel, Sankt Petersburg und im sibirischen Irkutsk. Langjährige Tätigkeit als außenpolitischer Redakteur bei norddeutschen Tageszeitungen. Seit 2010 freier Osteuropa-Korrespondent für Print- und Online-Medien in Warschau und Berlin.
Vorab dies: Es gibt keinen Grund, der rechtsnationalen polnischen Regierungspartei PiS und ihrem Vorsitzenden Jarosław Kaczyński allzu weit über den Weg zu trauen. Erst recht gibt es keinen Grund, die Politik der PiS-Regierung zu rechtfertigen, die auf eine Aushöhlung des Rechtsstaats und der Gewaltenteilung abzielt. Es gibt aber sehr gute Gründe dafür, als deutscher Korrespondent, der über ein Land wie Polen mit seinen extrem schwierigen und von Stereotypen durchsetzten Beziehungen zu Deutschland berichtet, in den eigenen Texten Vorsicht walten zu lassen.
Genau diese Zurückhaltung ist bei Florian Hassel, dem Polen-Korrespondenten der Süddeutschen Zeitung, nicht zu erkennen. Es fehlt auch jede objektivierende Distanz zum Gegenstand der Berichterstattung. Für Hassel ist das, was die PiS tut, grundsätzlich schlecht, und die linksliberale Opposition hat grundsätzlich recht. Ein solcher Ansatz verschleiert den Blick für die polnische Realität und geht weit über jede Form von Haltungsjournalismus hinaus.
Es mag natürlich sein, dass mir etwas durchgerutscht ist. Ich habe nicht alle Texte von Hassel gelesen. Sein aktuelles Stück über die politische Krise in Warschau angesichts der Corona-Krise habe ich allerdings gelesen und verlinke ihn hier, obwohl ich ihn ausdrücklich für NICHT LESENSWERT halte. Der SZ-Korrespondent konstruiert dort aus meiner Sicht schlicht eine Verschwörungstheorie. Belege für seine Thesen bleibt er größtenteils schuldig. Ein typischer Satz lautet:
Beobachter vermuteten, Kaczyński und Gowin verfolgten längst ein anderes Spiel.
Meint sich der Autor womöglich selbst mit dem Wort Beobachter? Jedenfalls werden im Folgenden nur Hassels eigene Beobachtungen angeführt. Das ist in den Texten des FAZ-Kollegen Gerhard Gnauck zum Thema völlig anders (hier und hier). Dort, bei Gnauck, kann man sich auch wunderbar über die Sache informieren, um die es geht.
An dieser Stelle nur so viel: Hintergrund ist der Streit um die für den 10. Mai geplante Präsidentenwahl. In den vergangenen Tagen hat sich das Regierungslager in der Frage, ob die Wahl trotz der Corona-Pandemie stattfinden soll, zerstritten und diesen Streit auch öffentlich ausgetragen. Die zentralen Protagonisten sind PiS-Chef Kaczyński und Wissenschaftsminister Jarosław Gowin. Aber auch viele andere Politiker aus dem Regierungslager haben sich in der Frage kontrovers geäußert.
Hassel deutet dies nun als reine Inszenierung, ohne Belege beizubringen. Dabei ist die Deutungslage in Polen, auch bei Oppositions-Politikern und regierungskritischen Medien, eine gänzlich andere, etwa in der gemäßigt-konservativen "Rzeczpospolita":
Es ist nicht verwunderlich, dass zu Zeiten der größten physischen Bedrohung für unser Land seit dem Kriegsrecht [von 1981-83 - U.K.] die Krise auch die Regierung erfasst. Entweder wird sie [aus der Lage] herausfinden und geschlagen und verwundet bis zur Wahl kriechen, oder Jarosław Kaczyński wird das für wenig lohnenswert halten und die Macht im Kampf mit der Epidemie an die Opposition abgeben, vielleicht im Paket mit Gowin.
In Polen geht die überwältigende Mehrheit der Kommentator*innen davon aus, dass es einen echten Streit im Regierungslager gab und gibt. Und das liegt auch tatsächlich auf der Hand, denn Kaczyński kommt in der Krise viel zu schlecht weg, als dass er das Ganze inszeniert haben könnte. Bleibt die Frage: Wie kommt Hassel dazu, ein durchchoreographiertes Schauspiel der PiS anzunehmen und dies in einem Korrespondentenbericht für ein deutsches Publikum zu behaupten? Offenbar hält er Gowin für einen ebensolchen Schurken wie Kaczyński:
Gowin, der in den vergangenen fünf Jahren alle Rechtsbrüche der PiS-Regierung mitgetragen hat, erklärte auf einmal scheinbar demokratisch besorgt, seine Partei werde gegen die Abhaltung der Präsidentenwahl als Briefwahl stimmen.
Wieso scheinbar demokratisch besorgt? Wer die polnische Politik der vergangenen 20 Jahre verfolgt hat, weiß, dass Gowin zwar ein Erzkonservativer ist, aber kein rechtsnationaler Hardliner. Er war lange Mitglied der Bürgerplattform von Ex-Premier Donald Tusk, war in dessen Kabinett Justizminister und verfolgt im Regierungslager immer wieder eigene Positionen. Ein Erfüllungsgehilfe? Eher schon eilt ihm der Ruf eines Überzeugungstäters voraus. Über all das erfährt man von Florian Hassel nichts. Stattdessen entwirft er das Bild einer Warschauer Politmafia, die vor keiner Intrige zurückschreckt. Eine solche Berichterstattung ist für ein Qualitätsmedium wie die "Süddeutsche" unwürdig.
Quelle: Florian Hassel Bild: Leszek Szymanski/dpa sueddeutsche.de
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Wir kennen diese Art der Stimmungsmache, die nicht an Aufklärung interessiert ist, aus allen Medien. Es sind einzelne Journalisten, die sich hier hervortun. So zb auch Claus Kleber vom ZDF oder Tom Buhrow vom WDR. Normalerweise bewerte ich das als embedded journalism im Sinne einer notwendigen Anti-Russischen oder Anti-Chinesischen Feindbildpflege, das macht bei Polen allerdings keinen Sinn?