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Kurator'in für: Zeit und Geschichte Fundstücke
Dennis Basaldella, Jahrgang 1982, studierte Filmregie in Rom und Europäische Medienwissenschaft als Bachelor und Master an der Universität Potsdam. Von 2014 bis 2020 war er als Mitarbeiter und Leiter im Filmarchiv des Filmmuseums Potsdam tätig und arbeitete im Forschungsprojekt „Regionale Bilder auf Filmen (1950–1990)“ zum DDR-Amateurfilm des Filmmuseums mit. Seine Dissertation „Ein Leben für den Film. Der freie Filmhersteller Horst Klein und das Film- und Fernsehschaffen in der DDR“ an der Universität Hamburg erschien 2020 beim Büchner-Verlag und war 2021 in der Shortlist der Kategorie „Bücher“ für den Willy-Haas-Preis nominiert. Er arbeitet und forscht vor allem zu den Themen DDR, Filmgeschichte und Biografien.
Ich kann mich noch ganz genau daran erinnern, dass mir mein Professor an der Universität einmal sagte, er nutze Wikipedia, um Inspiration für seine wissenschaftlichen Artikel zu finden. Dabei meinte er nicht die Artikel selbst, sondern vielmehr die dort verlinkten Quellen.
In der Tat finden sich in den Texten oftmals Verweise auf Quellen der verschiedensten Art, die man vorher gar nicht auf dem Schirm hatte und die wiederum Ausgangspunkt für weitere Informationen sein können. Und so weiter. Und damit wären wir bei den zentralen Problemen von Wikipedia: Hinter dem Portal stehen zum einen oftmals keine Wissenschaftler:innen, sondern engagierte Autor:innen, die mit viel bemerkenswertem Herzblut die Artikel verfassen, updaten und gestalten. Trotz dieses Engagements können diese Artikel aber auch nur so gut und vor allem so wissenschaftlich fundiert sein wie die Quellen, auf die sie verweisen. Kurz gesagt: Ohne die entsprechenden, nachvollziehbaren Quellen könnte man alles in einem Wikipedia-Artikel erfinden – und vermutlich würden es viele Leser:innen auch noch glauben.
Vielleicht erinnern sich einige noch in diesem Zusammenhang an den Fall von "Stalins Badezimmer".
2009 schrieb ein Journalist aus Spaß einen Wikipedia-Artikel über die Stalinbauten in der Berliner Karl-Marx-Allee. Dabei erfand er die Bezeichnung "Stalins Badezimmer" und behauptete, die DDR-Bürger:innen hätten den Bauten aufgrund der charakteristischen glasierten Kacheln diesen Spitznamen gegeben. Eine Aussage, die ironischerweise gar nicht so abwegig ist, denn Berlin ist bekannt dafür, seinen Bauten solche Art von Spitznamen zu verpassen. So prägte vermutlich der DDR-Kabarettist Hans Krause am 7. Oktober 1966 in der Tageszeitung Neues Deutschland (S. 12) mit seinem Gedicht den Begriff "Telespargel" für den Fernsehturm am Alexanderplatz. Ein Begriff, der bis heute immer wieder auftaucht – auch wenn oft behauptet wird, er sei eine westdeutsche Erfindung.
Nach seiner Veröffentlichung bekam der Fall "Stalins Badezimmer" aber eine teils skurrile Wendung. Der Artikel blieb auf Wikipedia, bekam sogar den Stempel "zuverlässige Quelle", geisterte in den folgenden Monaten und Jahren immer wieder durch wissenschaftliche Arbeiten sowie journalistische Artikel und wurde sogar von einigen Tourguides bei deren Gang durch die Karl-Marx-Allee aufgegriffen. In den folgenden zwei Jahren hielt sich der Fake-Artikel dann hartnäckig bei Wikipedia sowie im Netz und konnte nur mit Mühe und Not vom Autor aus der Welt geschaffen werden.
Während der Badezimmer-Fall als skurrile Trollerei abgetan werden kann, zeigt die Studie "Wikipedia’s Intentional Distortion of the History of the Holocaust", wie das Fehlen von Quellen aber auch zur Verdrehung von historischen Fakten führen kann. So hat eine kleine, aber doch leider hartnäckige Gruppe von Autor:innen es geschafft, fast unbemerkt Artikel über den Holocaust in Polen so zu verändern, dass sie mit der Weltanschauung von rechtsgerichteten polnischen Nationalisten übereinstimmt und die Rolle der polnischen Gesellschaft im Holocaust beschönigt sowie Stereotypen über Juden bestärkt.
Der besagte Fall ist schlimm und muss im Auge behalten werden, denn nicht nur der Fall "Stalins Badezimmer", sondern auch Trump und zuletzt der russische Informationskrieg im Rahmen des Überfalls auf die Ukraine zeigen, wie schwer es ist, Fake News aus der Welt zu schaffen. Dabei ist es wichtig zu betonen – und das macht auch die Co-Autorin der Studie, Prof. Shira Klein, klar –, dass Wikipedia per se nicht schlimm ist. Im Gegenteil, es ist eine wunderbare Plattform, um Wissen zu verbreiten. Zur gleichen Zeit zeigt der Fall zum Holocaust in Polen aber auch, wie wichtig es für Wissenschaft und Wissensvermittlung gerade in diesen Zeiten ist, alles mit Quellen zu belegen.
Quelle: unbekannt Bild: Ynetnews.com EN www.ynetnews.com
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"Zero information is preferred to misleading or false information"
Mit diesem berühmten Zitat betitelte Wikipedia-Gründer Jimmy Wales eine Nachricht auf einer Diskussionsseite der englischsprachigen Wikipedia und verwendete es in einer Rede drei Tage später.
Lieber null Info als irreführende oder falsche - er könne es NICHT genug betonen. Lausige Autoren, die keine Quellen anführen, sollten verbannt werden ... (In Klammern fügt Wales hinzu, dies sei keine Handlungsanweisung, sondern gebe seine Grundhaltung und Frustration wieder.)
https://lists.wikimedi...
Die Praxis zeigt die Schwierigkeiten der Umsetzung. Neben Ungenauigkeiten stößt man zuweilen auch auf tendenziöse Darstellungen, einseitig herangezogene Quellen (deren Wahrheitsgehalt die Nutzer oft nicht überprüfen können). In den ersten Monaten des Kriegs in der Ukraine wurde ich auf den Eintrag https://de.wikipedia.o... angesprochen, der das Regiment Asow in ein vollkommen negatives, ausschließlich rechtsextremes und neofaschistisches, Bild rückte. Ein Blick in die Bearbeitungshistorie zeigte an vielen Tagen mehr als ein Dutzend Änderungen an - mehr als es Nachrichten hätte geben können. Die jetzt präsentierte Ausführlichkeit und Quellenliste sprengen vielleicht den Rahmen einer Enzyklopädie, liefern aber eine ausgewogene Bewertung, die mit einer Quellenangabe des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags abschließt.
Mich wundert es nicht, dass es derartige Vorkommnisse bei Wikipedia gibt. Gerne „pfuschen“ manche Autor:innen in Artikeln herum, die völlig korrekt sind. Ich habe einen Eintrag über eine 85-jährige Kulturjournalistin gemacht. Deren Artikel sind nicht alle online verfügbar, weil es damals noch keine Onlinemedien gegeben hat. Da wurden einfach Einträge gelöscht, obwohl die zahlreichen anderen Belege als Beweis dienen, dass diese Frau einen tollen Job gemacht hat. Und das sie sich nicht mit „fremden Federn“ schmücken muss.