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Kurator'in für: Fundstücke Volk und Wirtschaft
Dr. Anja C. Wagner beschäftigt sich mit globaler Transformation im digitalen Wandel. Sie gilt als kreative Trendsetterin und bezeichnet sich selbst als Bildungsquerulantin. Inhaltlich kreist sie um User Experience, Bildungspolitik, Arbeitsorganisation und unserer Zukunft in einer vernetzten Gesellschaft. Mit dem Unternehmen FrolleinFlow GbR bietet sie heute Studien, Vorträge, Consulting und verschiedene Online-Projekte an.
Über die Lektüre des Buches Entwicklungsorientierte Bildung gelangte ich zu den psychologischen Forschungen rund um die Ich-Entwicklung. Bei der Recherche begegnete mir dieser hier vorgestellte Spiegel-Essay aus dem Februar 2019, also weit vor dem Coronaausbruch und allem, was seither geschah. Insofern kann man mit Kenntnis der heutigen politischen wie gesellschaftlichen Lage auf diese Überlegungen schauen. Und das ist nicht uninteressant.
Die Forschungen zur Ich-Entwicklung gehen auf die US-amerikanische Entwicklungspsychologin Jane Loevinger zurück, die über 50 Jahre viele Daten und Analysen zur Persönlichkeitsentwicklung erfasste und veröffentlichte.
Sie führte Tests mit Tausenden Menschen durch und arbeitete heraus, dass ihr Denken, Fühlen und Handeln sich im Laufe des Lebens auf ähnliche Art entwickelte. Jedes Ich folgt demnach einer festen Reihenfolge von Entwicklungsstufen, und es wird dabei immer differenzierter und komplexer.
Demnach durchlaufen Menschen, aber auch ganze Gesellschaften, circa zehn voneinander abgrenzbare Entwicklungsstufen, wobei jedeR von uns nie komplett einer Stufe zuzuordnen ist, sondern sich auf vier oder mehr Stufen charakterlich verteilt. Aber eine Stufe ist offensichtlich immer dominant, sodass man daran ablesen kann, wie sich eine Gesellschaft in ihrer differenzierten Zusammensetzung darstellt.
Die gängige Forschung in diesem Feld (natürlich uneins über die Sinnhaftigkeit eines solchen Modells) zeichnet zwischenzeitlich ein klares Bild:
Vereinfacht lässt sich sagen: Je mehr Menschen auf späteren Entwicklungsstufen stehen, desto selbstbestimmter, offener und demokratischer kann auch die Gesellschaft sein.
Individuell können diese unterschiedlichen Entwicklungsstufen in einer sich immer weiter differenzierenden Gesellschaft zu Spannungen führen, was wir ja tagtäglich in unseren Auseinandersetzungen erleben dürfen. Was das bedeutet, sei es am Arbeitsplatz, in der Wirtschaft, der Politik oder (wie aktuell) im Sport: Die Welt benötigt bessere Führungskräfte, die Mediation beherrschen. Oder wie der Artikel endet:
Eines aber ist schon jetzt klar: Sollte unsere Gesellschaft ihren Schwerpunkt irgendwann wirklich auf Stufe E7 verlagern, dann sollten führende Politiker und obere Führungskräfte sich am besten schon auf Stufe E8 befinden.
Der Theorie zufolge wären das Menschen, die in der Lage sind, in hochkomplexen und auch widersprüchlichen Welten zu agieren. Menschen, die multiperspektivisch denken, sich selbst in hohem Maße hinterfragen und die Sichtweisen und Bedürfnisse unterschiedlichster Gruppen berücksichtigen.
Mit anderen Worten: Da ist noch viel Luft nach oben bei unseren aktuellen Führungsmenschen … ;-)
Sehr lesenswert und erkenntnisreich, dieser Artikel. Höchste Empfehlung!
Quelle: Stefan Schultz, DER SPIEGEL Bild: Paul Zinken/ dpa www.spiegel.de
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