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Ich bin im Jahr 1963 in der Nähe des Lotter Kreuzes an der Autobahn A 1 geboren. Aufgewachsen in einer niedersächsischen Kleinstadt namens Diepholz, lebe ich heute in Arnsberg im Sauerland. Dort sehe ich unter anderem die bekannten Talkshows im deutschen Fernsehen. Anschließend schreibe ich darüber für die FAZ.
Gestern veröffentlichte die Leopoldina in Halle ihre Empfehlungen zum weiteren Umgang mit der Pandemie. Diese fanden ein unterschiedliches Echo. Während die Bundeskanzlerin deren Bedeutung für die politische Willensbildung herausstellte, kritisierte Jürgen Kaube die "Allgemeinplätze, Wertebeschwörungen und wohlfeilen Forderungen, die von Theologen, Werkstofftechnikern, Katalyseforschern und Sozialhistorikern unterschrieben worden sind." Tatsächlich stellt sich bei der Lektüre die Frage, ob es sich überhaupt um eine wissenschaftliche Stellungnahme handelt. Letztere soll politische Entscheidungsfindung ermöglichen, während sich die Leopoldina eher an die Stelle der Politik setzt. So sind etwa die Überlegungen zur Europapolitik sicherlich für viele nachvollziehbar, entziehen sich als Werteentscheidung aber trotzdem einer wissenschaftlichen Überprüfung. Diese Empfehlungen bauen allerdings auf einer handlungsleitenden Idee auf, die seit März unsere Krisenpolitik bestimmt: Es gilt, die Überforderung des Gesundheitssystems zu verhindern, um für möglichst viele Erkrankte eine gute medizinische Versorgung zu gewährleisten. Das bedeutet, den effektiven Einsatz der in der Krise zwangsläufig knapper werdenden Ressourcen sicherzustellen. Insofern ist der aktuell wichtigste Kriegsschauplatz gegen die Pandemie nicht in den Kitas und Schulen zu finden, sondern in den Krankenhäusern vor Ort. In diesem Video des Krankenhauses Bethanien Moers finden die Zuschauer deshalb auch mehr als die Hallenser Simulation eines wissenschaftlichen Diskurses, sondern die lehrreiche Auseinandersetzung mit der entscheidenden Frage dieser Tage: Wie retten wir möglichst vielen Covid-19-Erkrankten das Leben? Manches ist in dem Video für den Laien nicht sofort verständlich, aber der Argumentationsweg bleibt trotzdem nachvollziehbar. Am Ende wird die zukünftige Krisenstrategie nämlich davon abhängen, ob die Krankheit beherrschbar bleibt, selbst wenn es auf absehbare Zeit keine Aussicht auf einen Impfstoff oder hochwirksame Medikamente geben sollte. Thomas Voshaar und seine Kollegen machen gleichzeitig deutlich, wie viel wir seit dem Ausbruch der Pandemie in Wirklichkeit schon dazu gelernt haben. Das ist ein sinnvoller wissenschaftlicher Diskurs, der natürlich auch vom Widerspruch lebt. Dazu ist jeder eingeladen. Falls sich die Leopoldina wieder mit Wissenschaft beschäftigen wollte, könnte sie hier sogar einen sinnvollen Disput organisieren. Ansonsten müssen das wohl die Talkshows übernehmen.
Quelle: Krankenhaus Bethanien Moers Bild: Krankenhaus Betha... youtube.com
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