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Fundstücke

Fliegen, flog, geflogen – Feature über das große Insektensterben

Susanne Franzmeyer
Piqer für Radio Features
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Susanne FranzmeyerMittwoch, 22.06.2022

Dass die Zunahme von Monokulturen und der großflächige Einsatz von Pestiziden und Düngemitteln in der konventionellen Landwirtschaft ein Insektensterben zur Folge haben, ist bekannt. Detailwissen und fundierte Erkenntnisse zum Thema bietet das Feature des Hessischen Rundfunks "Fliegen, flog, geflogen – vom dramatischen Sterben der Insekten", in dem der Autor Niklas Vogel zahlreiche Fachleute trifft, die der Hörerschaft interessante Einblicke in die Welt der Insekten und deren zentralen Platz im Ökosystem geben.

"Man kann natürlich generell sagen, dass Insekten, wie man heute so schön sagt, 'systemrelevant' sind. Dreiviertel aller Tierarten sind Insekten. Ungefähr eine Million von 1,3 Millionen bekannten Arten sind Insekten und sie vermehren sich auch, wenn sie können, gerne in großer Zahl. Das heißt, wir haben sehr viel Insekten-Biomasse überall auf der Welt. Und das hat Konsequenzen, also Insekten sind tatsächlich zentral an den Schlüsselstellen für das Funktionieren der natürlichen Kreisläufe angesiedelt - sei es jetzt als Nahrungsquelle für andere Tiere, für ein Milliardenheer anderer Tiere, sei es als Bestäuber, sei es als Gesundheitspolizei, die mit Aas und Kot sehr schnell aufräumt, so dass unsere Welt nicht in Schimmel und Fäulnis untergeht. (...) Und nun stellen wir weltweit fest, dass wo Insekten am Rückgang sind, sehr stark korreliert mit der Dichte der Besiedelung und mit der Intensität der Landnutzung. Also dort (...) gehen die Insekten auch am allermeisten zurück."

Wo der Mensch in den natürlichen Schutzraum der Natur eingreift, hat das Folgen – für die Wildbienen sieht es leider gar nicht gut aus. Doch für Honigbienen ist die Lage eine andere:

"Der große Unterschied zwischen den wild lebenden Insekten und den Honigbienen ist nur der, dass die Honigbienen natürlich von Imkerinnen und Imkern gehalten werden und insofern jemanden haben, der sich um sie kümmert. Wenn es dem Volk schlecht geht, dann kann der Imker gegebenenfalls auch eingreifen und das Volk retten."

Für viele Wildbienenvölker ist es inzwischen zu spät. Eine ursprünglich enorme Artenvielfalt hat deutliche Verluste erlitten:

"Gegenüber den vier in Deutschland beheimateten Honigbienen, gab es allein in Hessen insgesamt 424 verschiedene Wildbienenarten. Über die Hälfte davon steht auf der Roten Liste. Und 76 Arten sind in Hessen bereits ausgestorben."

Zuerst trifft es die Schwächsten im System. Die Anpassungsfähigsten haben die besten Überlebenschancen.

"Die ersten Insekten, die verschwinden, sind die, die am engsten mit diesem Lebensraum verzahnt sind - die 'Spezialisten', die nur an einer Pflanzenart Pollen sammeln, die Einzelgänger, die sich nicht massenhaft fortpflanzen können, die wenig mobilen, die sich nicht über weite Strecken verbreiten können."

Der Gedanke, welche wunderbaren, eigentümlichen Arten unserer Erde durch das menschliche Handeln für immer verloren gehen können, ist bedrückend.

"Wildbienen (...) sind sehr unterschiedlich. Sowohl von ihrem Verhalten als auch ihrem Aussehen. Von der wenig Millimeter großen Zwergbiene bis zum dicken Hummelbrummer ist alles dabei. Etwa 70 % nisten unter der Erde, andere in oberirdischen Hohlräumen, in Mauerritzen, in totem Holz. Manche sind sogar auf leere Schneckenhäuser spezialisiert. Und während einige soziale Arten kleine Staaten gründen, leben andere solitär, also alleine. Und noch einmal andere leben von der Arbeit anderer Bienen."

Dabei ist es nicht so, dass die Natur sich nicht zu helfen wüsste. Ein gesundes Ökosystem kann auch Verluste einzelner Arten noch problemlos kompensieren. Wenn es aber, wie es aktuell der Fall ist, den Wildbienen grundsätzlich immer schlechter geht, ist das ein deutliches Zeichen dafür, dass ihr Ökosystem massiv gestört ist.

"Ökosysteme beruhen auf Redundanz. In einem gesunden Ökosystem gibt es immer Tiere, die ähnliche Nischen bewohnen und beim Ausfall einer Art deren Aufgabe und Lebensraum übernehmen können. Kritisch wird es aber, (...) wenn Arten in großem Umfang verschwinden, wie es aktuell passiert. Dann geht die Fähigkeit des Ökosystems verloren, sich selbst zu regulieren. Einzelne Arten können sich unkontrolliert vermehren und werden zu Schädlingen."

Der Zusammenhang von einer Ausweitung der landwirtschaftlich genutzten Flächen und einem großflächigen Rückgang von Insekten ist erwiesen. Schuld daran ist neben einem massiven Einsatz von Pestiziden auch der immense Verlust von Kleinstrukturen, der mit der zunehmend großflächigen Landwirtschaftsnutzung einherging:

"Die bäuerliche Kleinstruktur, die hat so viele Nischen für Bienen geboten. Da gab es ne Mauer, da gab es nen Misthaufen, da gab es nen Obstgarten, (...) den Kräutergarten, es gab so viele Strukturen. (...) Und diese Kleinstruktur ist weg. (...)"

Das EU-weite Verbot dreier hochtoxischer Neonikotinoide im Jahr 2018 war ein wichtiger Erfolg im Kampf um das Überleben der Bienen. Diese Stoffe wirken wie ein Nervengift und können zum Beispiel schon in geringen Mengen nachweislich den Orientierungssinn der Bienen derartig beeinträchtigen, dass sie nicht mehr nach Hause zurückfinden. Doch das Verbot gilt nur für den Einsatz auf offenen Flächen. Und das reicht laut der Meinung von Fachleuten noch bei Weitem nicht aus.

Die Perspektive der Landwirte, die einerseits unter dem Druck stehen, ihre Ernte zu sichern und andererseits durch den Einsatz von Pestiziden wie dem umstrittenen Glyphosat in der Kritik stehen, wird im Feature ebenfalls beleuchtet.

Dass der Mensch aus seinen Fehlern lernen kann, steht außer Frage. Wichtig ist aber, dass es auch großflächig passiert. Kleine Veränderungen haben jüngst schon positive Effekte erzielt. Das macht Hoffnung:

"Seit zwei Jahren allerdings ist es so, dass die Landwirte die Möglichkeit haben, Blühstreifen am Rande ihrer Feldern anzubringen und das hat tatsächlich nen richtig guten Effekt, also die Bienen finden da sehr sehr viele Pollen und Nektar, also wirklich ne gute Bereicherung."

Ein gleichbleibend wichtiges Thema, sehr informativ aufbereitet, das interessantes Detailwissen vermittelt.

Fliegen, flog, geflogen – Feature über das große Insektensterben

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Kommentare 2
  1. Silvio Andrae
    Silvio Andrae · vor mehr als 2 Jahre

    Der Schutz der biologischen und kulturellen Vielfalt sind zwei Seiten derselben Medaille. Die globale Situation ist durch eine Linse zu betrachten, die es uns ermöglicht, alle zerstörerischen Auswirkungen der Globalisierung als Fäden in ein und demselben Gewebe zu sehen.

  2. Maximilian Rosch
    Maximilian Rosch · vor mehr als 2 Jahre

    In direktem Bezug dazu heute der piq von Ulrich Klute: https://www.piqd.de/su...

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