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Quelle: privat
Spionin, Detektivin oder Archäologin wollte ich eigentlich werden. Dann reichte es nur zur Schriftstellerin. Zumindest kann ich seitdem meiner Passion im Recherchieren nachgehen. Bislang hielt ich mich dazu in verschiedenen Ländern, wie Portugal, Österreich, USA oder Japan auf. Mein letzter Roman "O.", eine Neuschreibung der Odyssee aus weiblicher Perspektive, ist im März 2020 erschienen. Außerdem gibt einen neuen Essayband mit dem Titel "Erfundene Heimaten". Zurzeit arbeite ich an einem Projekt, das sich mit der Darstellung von Historie in aktuellen literarischen Werken beschäftigt.
Ein „Kleiner sauberer Krieg“ sollte es werden, als am 24.3.1999 die NATO Truppen einsetzt, um den Kosovo-Konflikt zu beenden. Drei Frauen, Nita, Hana und Rea, kommen in einer Wohnung zusammen, verdunkeln die Fenster und erwarten den Krieg. Die heute in der Schweiz lebende Elvira Dones beschreibt im Roman multiperspektivisch und in klarer Sprache, wie die Auseinandersetzungen unaufhaltsam brutaler werden. Die Frauen hüten das Haus, denn draußen lauert „der Vorgeruch des Todes“. Sie bangen um Freunde und Familienmitglieder, die auf der Flucht sind, telefonieren mit Verwandten im Ausland. Weinen werden sie erst nach Ende des Kriegs können. Vorher ist die Anspannung des Überlebens zu groß.
Eine albanische Ärztin muss weiterhin ihre Arbeit in einem serbischen Krankenhaus verrichten, hält nur mehr mit Tabletten durch, bringt abwechselnd ihre beiden Kinder mit zur Arbeit, damit im Falle eines Angriffs zumindest eines überlebt. Jeder Schritt, jede Geste muss bedacht werden, kann unangenehm auffallen und damit Tod bedeuten. Die Frauen tragen mit Jod getränkte Mullbinden, um bei Attacken behaupten zu können, sie wären bereits vergewaltigt worden.
Immer wieder beschreibt Dones Szenen, in denen sich Menschen auf das Schlimmste gefasst machen, die unerträglichen Tage und Stunden, bevor es geschieht. Frauen werden vergewaltigt, Männer sofort getötet. In den Vordergrund der kaleidoskopartig erzählten Kapitel rückt schließlich das Geschwisterpaar Blerime und Fatmir. Die 13-jährige will kein übliches Frauenleben führen, keine Familie gründen, sondern später berufstätig und selbständig sein. Zusammen mit dem jüngeren Fatmir irrt sie durchs Kampfgebiet, oft entkommen sie, während andere den Tod finden. Bis Blerime zusehen muss, wie ein Soldat den Körper ihres Bruders, der sie vor Vergewaltigung schützen wollte, in Stücke hackt. Danach wird ihre mehrfache Vergewaltigung gefilmt. Der Mann hinter der Kamera will Regisseur werden und beklagt sich später, dass er wegen des Krieges dieses Jahr nicht zum Filmfestival Cannes fahren kann.
Zur Darstellung des Krieges gehören Journalisten, die über Opfer berichten, ihre Geschichten verbreiten, aber auch manchmal Verlorenen helfen, Familienmitglieder wiederzufinden. Übers Telefon werden Verwandte im Ausland dann über den Tod oder die Rettung geliebter Menschen informiert. Manchmal überschreiten die Reporter ethische Grenzen, nützen Konflikte und die Not Geflüchteter aus. Dann wieder werden sie von Gefühlen überwältigt, weil das Leiden schwer auszuhalten ist.
„Journalist und Kameramann stecken inmitten der Kinder fest, gefangen in einer Falle aus Gefühlen, die viel zu stark sind, um sie verarbeiten zu können.“
Blerime wird schließlich von allen Familienmitgliedern, die sich auf dem Weg ins Ausland machten, die einzige Überlebende sein.
Elvira Dones verwendete Berichte von Betroffenen, um dieses dichte und atemlose Panorama des Kosovo-Kriegs zu gestalten. Im Nachwort zum Roman erwähnt sie, dass sie anfangs zweifelte, ob es richtig sei, darüber in italienischer Sprache zu schreiben. Doch vielleicht ermöglicht ihr gerade die Zweitsprache die nötige Distanz zum schrecklichen Geschehen. Die kleine, von Susanne Schenzle geführte ink-press hat dieses wichtige Buch publiziert. Danke.
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