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Wie behandelt man Psychosen? Wie gewinnt eine ganze Gesellschaft ihre Identität zurück? Gibt es eine Therapieform? In einer psychotischen Gesellschaft brauchen wir paradoxe Kompetenzen, sagt Ariadne von Schirach. Sie ist für das Denken vor der Katastrophe. Und das beginnt bei jedem einzelnen Menschen.
Wofür können wir uns in diesem Fünf-vor-zwölf-Moment entscheiden? Wir stehen auf Ruinen und schöpfen Neues aus dem, was da ist. Das sind dann so Bilder wie: ein Strand voller Müll – ein aufgeräumter Strand. Eine Seele voller Schmerz – eine gelüftete Seele. Es ist angenehmer, irgendwo hinzugehen und neu anzufangen. Aufräumen wiederum ist ein mutiger und schmerzhafter Prozess.
Und wie stellen wir das dann an mit dem Weltaufräumen? Wir brauchen paradoxe Kompetenzen. Diese Aufräumidee funktioniert nur, wenn wir auch eine Heimat für Dinge schaffen, die man Schatten nennt. In welche Box kommt Schuld? In welche Kiste kommen Müllberge? Um mit diesen Ambivalenzen umzugehen, müssen wir unseren Geist wieder benutzen.
Geht es am Ende nur um das Thema Selbstliebe? Lieben wir uns selbst so wenig, dass wir uns einen Lebensraum zumuten wollen, der so bald zerstört sein wird, dass wir uns einen neuen suchen müssen? Oder räumen wir auf? Und wo finden wir die Animateure, die uns den Spaß am Aufräumen vermitteln? Weil, die braucht es jetzt!
Die Welt ist noch da, sie ist uns nur abhanden gekommen. Wir müssen sie wieder lieben lernen. Doch das ist eine schreckliche Liebe. Weil wir auch grässliche Gebäude lieben müssen und den Müll im Ozean. Ebenso uns selbst, die das doch alles verursacht haben. Vielleicht ist das der tiefste Aufruf der Stunde, dass die Welt uns auf unendlich vielen Ebenen damit konfrontiert, dass unser Leben uns etwas angeht. Wir sind alle hier, der ganze Rest auch, sehr unordentlich die ganze Sache. Aber wir Menschen sind anpassungsfähige, empfindsame, kreative und träumende Kreaturen. Und jetzt heißt es aufräumen.
Quelle: Jana Petersensonntaz-Redakteur Bild: Anja Weber taz.de
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