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Kurator'in für: Technologie und Gesellschaft Fundstücke
Promovierte Literaturwissenschaftlerin. Schwerpunkte: Digitaler Journalismus, Journalistenausbildung und Medienkompetenz. Chefredakteurin der Berliner Gazette (https://berlinergazette.de) und Professorin für digitalen Journalismus an der Macromedia University of Applied Sciences. Kann sich die Namen ihrer Student*innen merken.
An dieser Stelle die Empfehlung eines Artikels aus eigener bzw. gemeinschaftlicher Feder, denn am Text hat auch mein Kollege Krystian Woznicki mitgearbeitet.
Unser Essay untersucht die ideologische Funktion der Raumfahrtprogramme im Kontext der ökonomisch-ökologischen Krisen und Kriege. Er ist soeben in der Zeitschrift springerin erschienen, die seit Jahren einen hervorragenden Netzteil hat und sich vierteljährlich neuen Themen verschreibt. Unser Text ist in der De-Growth Ausgabe erschienen.
Die Zeitschrift ist ganz klassisch in Printform erwerbbar; in englischer Sprache liegen manche Texte allerdings auch frei verfügbar auf der springerin-Webseite. In unserem Fall ist das glücklicherweise der Fall. Ich verlinke also die englische Fassung und zitiere – um den Einstieg zu vereinfachen – aus der deutschsprachigen Fassung:
Am Tag der Raumfahrt besuchten Wladimir Putin und Alexander Lukashenko einen Weltraumbahnhof im äußersten Osten des Landes, in der Stadt Blagoweschtschensk nahe der Grenze zu China. Der im Aufbau begriffene Kosmodrom Wostotschny, rund 6.000 Kilometer von Moskau entfernt, ist schon teils in Betrieb, etwa als Startpunkt für Sojus-Raketen. Damit auch Raumschiffe neueren Typus wie die Angara dort abheben können, werden noch weitere Startrampen gebaut. Wie bei den meisten Megaprojekten läuft nicht alles nach Plan, umso wichtiger, die hier federführende Raumfahrtbehörde Roskosmos als emsige, unermüdliche Kraft in Szene zu setzen, die während eines ebenfalls nicht gerade nach Plan verlaufenden Krieges unbeirrt agiert.
Spätestens seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion ist die Raumfahrt zur globalen Bühne für die großen Egos des Kapitalismus avanciert. Die Ukraine-Invasion hat auch diese Tendenz verschärft: Während die ISS als Symbolprojekt für Kooperation seitdem wie ein Relikt wirkt, versuchen Staatskapitalisten und ihre Pendants in der kapitalistischen Staatenwelt sowie in den Reihen der Silicon Valley-Unternehmer-Milliardäre nun ganz unverhohlen ihre eigene kolonial-expansionsitische Agenda durchzusetzen – wohlgemerkt im rechtlich als Commons definierten Weltraum (Saskia Vermeylen, 2022). Gemeinsam ist all ihnen nicht zuletzt, dass das jeweilige Raumfahrtprogramm für einen zugleich nostalgisch-verklärten und zynisch-aggressiven Habitus steht: ‚Ja, ich weiß, dass ich auf der Erde unter den Lebenden zu den größten Mitverursachern von Krisen wie der Klimakatastrophe gehöre. Doch ich kann, wann immer es mir hier zu ungemütlich wird, mich aus dem Staub machen – ins All. Also träume ich von den unberührten Weiten des Weltraums, wo wir uns schon ganz bald ausbreiten werden.‘ Hier paart sich der kapitalistische Wachstums- und Expansionsdrang mit Infantilismus: ‚Ja, es steht schlecht um die Welt, aber ich will mir nicht die Laune verderben lassen. Zumindest nicht so lange ich lebe. Ich will einfach nur weiterspielen.‘
Steven Spielbergs Kino, das immer wieder mit der Peter Pan-Figur arbeitet, zeigt, wie der Traum vom Fliegen sinnbildlich dafür steht, sich unliebsamer Verantwortung zu entledigen, um im Kapitalismus besser zu funktionieren. In seiner wohl bekanntesten Peter Pan-Geschichte „Hook“ (1991) offeriert Spielberg den Mythos eines Helden, der sich als Unternehmerindividuum optimieren kann, lies: listenreicher, disruptiver und leistungsfähiger werden kann, wenn er das Kind in sich wiederentdeckt. Spielbergs arbeitssüchtiger Manager, der als corporate lawyer Karriere macht, hat in Elon Musk (SpaceX) und Jeff Bezos (Blue Origin) seine naheliegende, da eng mit dem Traum vom Fliegen verbundene, Entsprechung: Jungs, die mit ihrem Spielzeug allein gelassen werden wollen, um mit im Spiel wie nebenbei entstehenden ‚Erfindungen‘ die Welt zu verändern. Ob die Welt dadurch besser wird oder gar das Gegenteil der Fall ist, stellt sich nicht solange Profite und Wachstum in Aussicht stehen.
Ihr Infantilismus ist Selbstschutz: die Flucht vor den Konsequenzen des eigenen Tuns. Und gesellschaftliche Richtschnur zugleich: Damit der Kapitalismus ungestört weiterlaufen kann, sollen alle ‚wie Kinder‘ sein. Politische und demokratische Teilhabe? ‚Diese Bürde sollen Kinder nicht auf sich nehmen müssen.‘ ‚Das Leben wird von Autoritäten gemanagt.‘ Natürlich sind diese Autoritäten ‚im Herzen auch nur Kinder‘. So kann der Infantilismus der herrschenden Klasse als komplementäres Gegenstück zu der systematischen Infantilisierung der beherrschten Klassen fungieren und sowohl neoliberale als auch illiberale Tendenzen in ein ideales Spannungsverhältnis bringen. Dabei wird das emanzipatorische, nicht zuletzt durch die Kritik der Aufklärung freigelegte Potenzial des Kindsein-Bewahrens (Krystian Woznicki, 2018) gemäß chauvinistischer Aufklärungsideologie rekodiert und ‚demokratisiert‘: Was für den defizitär und daher stets erziehungsbedürftig konstruierten Anderen vorgesehen war, avanciert zum Bindemittel der managed democracy bzw. Post-Demokratie. Das wäre die Rationalität des autoritären Kapitalismus, der sich spätestens seit der Finanzkrise 2007/2008 Bahn bricht und der, trotz sich stetig verschlechternder Produktions- und Reproduktionsbedingungen, das Maximum aus den Leuten herauszuholen verspricht.
Quelle: Magdalena Taube, Krystian Woznicki Bild: Colnate Grouo EN springerin.at
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Im zweiten Teil der Dokuserie geht es auch um die Raumfahrt im Kalten Krieg. Es wird die Vorgeschichte dieses piqs erzählt.