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Erdogan und deutsche Nationalspieler – ein Schritt zu kurz?

hans-jürgen schulke
Emeritierter Professor für Sportsoziologie und Sportmanagement mit zahlreichen Büchern und Aufsätzen zu Sportentwicklung und Sportpolitik.
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hans-jürgen schulkeMittwoch, 16.05.2018

Der Shitstorm in den sozialen Medien ist gewaltig über das "Jubelbild" der beiden deutschen Fußballnationalspieler Özil und Gündogan mit dem autoritären türkischen Präsidenten Erdogan. Auch die Presse sieht den Vorgang überwiegend kritisch und fragt nach den politischen wie moralischen Maßstäben (der ebenfalls türkischstämmige Nationalspieler Can hatte das Treffen mit Erdogan abgelehnt). Der DFB, zunächst mit seinem Präsidenten Grindel in vorderster Front der Kritiker ("nicht unsere Werte"), beruft dennoch beide Spieler in das vorläufige Aufgebot für die WM 2018 in Russland und spricht von "Missverständnissen". Das ist eine verwunderliche Argumentation, denn selbstverständlich sind millionenschwere Sportstars von hochbezahlten Betreuern und Beratern umgeben, die jeden Auftritt im Detail vorbereiten bis hin zu finanziellen Vereinbarungen. 

In seinem informativen Kommentar fragt Berthold Kohler in der DW, ob nicht Nationalspieler in erster Linie Werbebotschafter ihrer Sportart sein sollten. Er deutet damit eine andere Logik als die der Moral an. Spitzensportler werden heute – siehe Ronaldo – Vermarkter ihrer selbst mit Kollektionen, Parfüms und damit zu hoch bezahlten Influencern. Seit seiner Pilgerfahrt nach Mekka hat Özil – in Gelsenkirchen geboren – mit die meisten Follower in den sozialen Medien. Eine hohe Zahl kommt aus dem arabischen Raum, dort hat er den Status einer Ikone. Die Aktion mit Erdogan – einen Tag vor der vielbeachteten Nominierung des DFB und wenige Wochen vor den Wahlen in der Türkei – hat ihm und auch indirekt seinen Sponsoren zumindest ein Höchstmaß an Aufmerksamkeit gebracht. Es wäre eine Aufgabe des Journalismus zu beobachten, ob die sich auch in Sympathie auszahlen wird.

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