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"Wie kann die Klimakrise gelöst werden?" ist die Frage, die mich am meisten beschäftigt. Ich bin Mitglied von RiffReporter, einem Autorenkollektiv und einer Genossenschaft für freien Journalismus.
Die Zeit, in der Deutschland darüber gestritten hat, ob es ok ist, für eine Fridays for Future-Demo ein paar Schulstunden zu schwänzen, scheint vorbei zu sein.
Klimaproteste werden penetranter. Sie verfolgen oft das Prinzip des zivilen Ungehorsams. Das bringt den Staat in ein Dilemma. Entweder er reagiert mit voller Härte und kann so vielleicht die Proteste stoppen. Oder er lässt die Proteste gewähren, die seine Legitimität untergraben. (Sorry Eigenwerbung: Wie u. a. Extinction Rebellion solche Proteste strategisch angeht, habe ich hier mal beschrieben.)
Wie kann, wie sollte die Polizei damit also umgehen? Im Moment scheint die Antwort des Staates zunehmend zu sein: Volle Ausnutzung des Gewaltmonopols, darunter auch Methoden, die eigentlich der Terrorbekämpfung vorbehalten sind.
Das ist zumindest die Bilanz dieses lesenswerten Textes, für den Autor Rico Grimm mit diversen Aktivist:innen gesprochen hat.
Geschildert wird ein Beispiel aus Berlin, das nahelegt, dass vereinzelt Polizist:innen körperliche Gewalt gegen Aktivst:innen in Gewahrsam anwenden.
Ein weiteres Beispiel sind die ungewöhnlich scharfen Maßnahmen gegen die Proteste gegen die Automesse IAA, die in diesem Jahr erstmals in München stattfand.
Die Polizei hielt sogenannte Gefährderansprachen, bei denen einzelne Personen gezielt vor Veranstaltungen über die geltende Rechtslage und etwaige Maßnahmen gegen sie persönlich aufgeklärt wurden. Das ist etwa bei Terrorverdächtigen oder gewaltbereiten Fußball-Hooligans üblich. Die Polizei sprach in München auch Platzverweise aus. Wie viele es genau waren, kann das bayerische Innenministerium auf Nachfrage nicht beantworten. Der Münchner Polizeibeamte aber sagt mir: „Es wurde von der Polizeiführung vorgegeben, dass das Betretungsverbot für alle Messeflächen gilt und dass Gewahrsam für die ganze Woche gelte.“ Weil wiederum die IAA über ganz München verteilt war, kam das Betretungsverbot für Aktivist:innen, die in München wohnen, einem Hausarrest gleich.
Der Polizeieinsatz kam nicht nur vielen Beobachtern überzogen vor, sondern auch einigen Polizist:innen.
Ein Polizist, der beim IAA-Einsatz in München im Dienst war, aber anonym bleiben möchte, sagt mir: „Ich bin schon lange bei der Polizei und das war der erste Einsatz, bei dem ich das Gefühl hatte, dass die Stimmung kurz vor der Meuterei ist.“ Manche Polizist:innen verstehen nicht, warum sie so hart gegen Menschen vorgehen müssen, die auf die Klimakrise aufmerksam machen wollen.
„Die Kollegen haben das Gefühl bekommen, dass die Einsätze nicht mehr verhältnismäßig waren“, sagt der Polizist. Am ersten Tag hätten sie die jeweiligen Entscheidungen noch in ihrem Namen unterschrieben. Ab dem zweiten unterzeichneten viele nur noch mit: „Im Namen der Polizeiführung“.
Nach der IAA in München beschwerten sich so viele Einsatzkräfte beim Polizeipräsidium, dass dieses eine große Versammlung Mitte November einberief, die allerdings coronabedingt abgesagt worden ist. Zuletzt habe es eine solche Versammlung nach dem rechtsradikal motivierten Terroranschlag am Münchener Olympia-Einkaufszentrum im Juli 2016 gegeben. Das alles jedenfalls sagte mir der Polizist aus München. Wenn man sein Polizeipräsidium fragt, heißt es hingegen: „Uns sind keine derartigen Beschwerden bekannt.“
Diese Reaktionen zeigen, dass die Strategie des zivilen Ungehorsams im Bereich Klimaprotest durchaus funktioniert: Viele Menschen sehen weite Teile dieser Proteste als legitim an und solidarisieren sich mit den Aktivist:innen. Gleichzeitig könnte dies aber, wenn die politische und polizeiliche Führung hier nicht sehr aufpasst, der Anfang einer gefährlichen Gewaltspirale sein.
Quelle: Rico Grimm krautreporter.de
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Ist es nicht umgedreht - eine kleine Minderheit von Aktivisten üben vermehrt Druck auf den demokratisch legitimierten Staat mit seinem Gewaltmonopol aus und beschweren sich dann über den Gegendruck?