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Medien und Gesellschaft

Für welchen Journalismus zahlt das Publikum?

Bernd Oswald
Autor, Trainer und Trendscout für digitalen Journalismus

Digital Resident aus Leidenschaft. Aber ohne dabei betriebsblind zu sein. Seit 2000 bewege ich mich als Journalist und als Trainer an den digitalen Schnittpunkten von Politik, Medien und Gesellschaft. Nützliche Links habe ich schon immer gerne geteilt.

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Bernd OswaldMontag, 07.12.2020
In meinem Journalismus&Netz-Rückblick für den November drüben auf Torial geht  es sehr viel um die Finanzierung von Journalismus. Zum einen um die neue staatliche Presseförderung, zum anderen um die Frage: Für welchen Journalismus zahlt das (junge) Publikum? 


Viel Kritik am Modus der staatlichen Presseförderung

Erstmals in der bundesdeutschen Geschichte gibt es staatliche Subventionen für die Presse: 220 Millionen Euro stellt das Bundeswirtschaftsministerium für „Innovationsförderung“ zur Verfügung. Die Verlage sollen so die digitale Transformation ihrer Unternehmen vorantreiben.

Doch es gibt jede Menge Kritik an dem Deal: Die Subventionen sollen nach der Auflagenhöhe ausgezahlt werden, das bevorzugt größere Medienunternehmen. Wer hat, dem wird gegeben. Weil auch Onlineshops und Rubrikenportale, über die Immobilien und Autos verkauft werden, gefördert werden, stellt sich die Frage, ob Wirtschaftsminister Altmaier wirklich dem Journalismus helfen will.

Auch Günter Herkel kann dem staatlichen Hilfspaket im Verdi-Magazin Menschen Machen Medien wenig abgewinnen. Er sieht darin eine „staatlich unterstützte Pressekonzentration“. Innovation im deutschen Journalismus sei bislang überwiegend woanders entstanden, in speziellen Labs von SWR, ZDF und MDR, am Medieninnovationszentrum Babelsberg oder am MediaLab Bayern.

Arbeitskreis Digitale Publisher kritisiert Wettbewerbsverzerrung

Protest ruft die geplante Presseförderung bei digitalen Publishern hervor, die nach Lage der Dinge keine Zuschüsse aus dem Topf erhalten würden. 31 von ihnen haben sich im Arbeitskreis digitale Publisher zusammengeschlossen und eine Erklärung abgegeben, in der sie sich gegen diese „massive Wettbewerbsverzerrung“ wenden und eine Gleichbehandlung „sämtlicher Verbreitungskanäle – ob Text, Ton oder Bild“ fordern.

Krautreporter gewinnen neue Mitglieder

Zu den Unterzeichnern gehören auch die Krautreporter, die ein gutes Beispiel für den Ansatz sind, ein digitaljournalistisches Angebot ausschließlich über Mitgliedsbeiträge zu finanzieren. Nach mehrjährigem kontinuierlichem Wachstum waren die Mitgliederzahlen von Krautreporter seit Ende 2019 rückläufig. Die Redaktion startete daraufhin eine Werbekampagne, in der sie ihr Geschäftsmodell offenlegte und auch eigene Fehler eingestand. Der Aufruf zeigte die gewünschte Wirkung, Krautreporter konnte neue Mitglieder hinzugewinnen und die angestrebte 15.000er-Marke erreichen.

Die Krautreporter und noch stärker Perspective Daily zählen zu den Angeboten, die einordnenden und konstruktiven Journalismus machen. Auch wenn er sie namentlich nicht erwähnt, dürfte SZ-Innovationsexperte Dirk von Gehlen in seinem Blogbeitrag „Inspirierender Journalismus“ an sie gedacht haben. Darunter versteht er einen Journalismus, der „Denkwert“ liefert und seinen Leser:innen das Gefühl gibt, „nachher mehr Möglichkeiten zu haben, mehr Dinge (und vielleicht auch Lösungen) zu sehen.“ Mit einem Journalismus, der das schafft, lassen sich auch langfristig digitale Bezahlmodelle begründen, meint von Gehlen.

Sowohl Krautreporter als auch Perspective Daily zählen zu den Redaktionen, die großen Wert auf die Zusammenarbeit mit ihren Mitgliedern legen. Etwa, indem sie nach gewünschten Themen Fragen oder das Wissen ihrer Community bei der Recherche anzapfen.

Auch Journalismus-Forscherin Alexandra Borchardt konstatiert im journalist, dass sich junge Leute „mehr Nutzwert für ihr Leben, bessere Erklärungen und gerne auch ein bisschen Spaß wünschen“. Ihr Beitrag „Das Ende des journalistischen Bauchgefühls“ ist ein Plädoyer dafür, dass Journalisten mehr und genauer auf das hören sollten, was sich das Publikum wünscht und was es braucht. Ihr Fazit: „Journalismus ist manchmal Kunst, aber viel öfter Dienstleistung. Seine Grundhaltung ist Mut. Vor allem sollte es aber auch Demut sein.“

Ins gleiche Horn stößt Vice-Chefredakteur Felix Dachsel in seinem Blogpost über die Frage, was der deutsche Journalismus von jungen Medien lernen kann: „Journalisten müssen schreiben, um ihr Publikum zu erreichen, sonst kann man es auch bleiben lassen.“

Dem kompletten Journalismus&Netz-Rückblick für den November u.a. mit einer Debatte darüber, wie prominent man über Attentäter berichten soll, gibt es im Torial-Blog. 

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