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Kurator'in für: Fundstücke Volk und Wirtschaft Liebe, Sex und Wir Feminismen
Antje Schrupp ist Politikwissenschaftlerin, Journalistin und Sachbuchautorin. Sie beschäftigt sich vor allem mit der politischen Ideengeschichte von Frauen und insbesondere mit feministischer Wirtschaftsethik. Ihr aktuelles Buch "Reproduktive Freiheit. Eine feministische Ethik der Fortpflanzung" erschien 2022. Sie bloggt unter www.antjeschrupp.com.
In diesem Interview, das schon ein paar Monate alt ist, erzählt ein ehemaliger Chefarzt, welche Folgen die Privatisierung von Krankenhäusern für die Arbeit dort hat. Das Thema, dass die Versorgung kranker Menschen sich nicht auf dieselbe Weise effizient organisieren lässt wie die Produktion von Autos, wird noch immer viel zu wenig diskutiert.
Es ist richtig, dass betriebswirtschaftliche Kriterien auch in Kliniken berücksichtigt werden sollten, aber das muss eben auf anderen Prinzipien beruhen. Zum Beispiel müsste auf der Basis einer Care-Ethik definiert werden, welches die Ziele sind, die erreicht werden sollen. Ein grundsätzliches Problem ist auch der Mechanismus, dass die Auslagerung von Allgemeinwohl-Aufgaben an private Akteure einen merkwürdigen Marktbereich hervorbringt, bei dem die Empfänger_innen der "Ware" nicht dieselben sind, die dafür bezahlen. Und das setzt eben wesentliche Marktmechanismen außer Kraft.
Das gilt nicht nur für Krankenhäuser, sondern es betrifft das ganze riesige Segment geförderter sozialer Arbeit. Denn dort fließt Geld der Allgemeinheit - ob aus Steuern oder aus Sozialabgaben - an einen Dienstleister, dessen Klientel Hilfe benötigt, also in einer sehr prekären Situation ist, wie zum Beispiel die Patientin in einem Krankenhaus. Während also der Leistungsempfänger kaum in einer mächtigen Verhandlungsposition ist, hat der eigentliche Kunde - der Staat, eine Behörde, die Krankenkasse - nur eine Sache im Blick, nämlich den möglichst billigen Preis. Ein Mechanismus, der bei vielen Ausschreibungen sogar gesetzlich vorgeschrieben ist. Andere Kriterien wie etwa Qualität, die auf normalen Märkten eine große Rolle spielen, bleiben außen vor.
Hier läuft sehr sehr vieles schief, und daran schuld sind nicht nur habgierige Manager, sondern auch eine desinteressierte staatliche Politik sowie Ökonomen, die es nach wie vor nicht schaffen, für den Bereich der Care-Arbeit eine funktionierende theoretische Grundlage auszuarbeiten.
Quelle: Kristina Gnirke, Ulrich Hildebrandt Bild: DPA spiegel.de
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Toller piq, Danke dafür!
Es geht im Gesundheitswesen, das jetzt von einer Gesundheitswirtschaft nicht mehr zu unterscheiden ist, um die Verwirtschaftlichung von Transferleistungen. Hier wird streng genommen nichts produziert, was sich in Zahlen ausdrücken ließe. Weil sich ohne Zahlen nichts rechnen lässt, nimmt man die Zahl der durchgeschleusten Patienten, codiert Indikationen und weist ihnen einen Wert zu, der sich aus den zu erwartenden Kosten für die Versorgung ergibt: Auswüchse der Industrialisierung aus dem letzten Jahrhundert. Aber damit lässt sich dann sogar eine Wachstumsprognose berechnen.
Ich bin keine Ökonomin, aber angenommen, das Ganze funktioniert wie andere Märkte – wachstumshörig –, dann stimmt es, dass es in diesem System kein Interesse daran gibt, dass Menschen gesund werden. Das Interesse heißt: mehr Krankheit, mehr Einnahmen. Man muss es nur richtig codieren und einen "Wiederkaufsdruck" einbauen, von mir aus unbeabsichtigt. Trotzdem schlimm.
Ich kriege Blutdruck, wenn dann einer kommt und sagt, der Mensch stünde doch im Mittelpunkt. Das tut er für die meisten Leute, die im Gesundheitswesen mit Menschen arbeiten, ja. Aber die kommen damit nicht durch.