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Anne Hahn, in Magdeburg geboren, lebt seit 1990 in Berlin. Studium der Kunstgeschichte/Geschichte in Berlin und Florenz. Seit 1999 Porträts, Reportagen und Rezensionen in verschiedenen Medien. Buchveröffentlichungen u.a.: "Satan, kannst du mir nochmal verzeihn - Otze Ehrlich, Schleimkeim und der ganze Rest" (mit Frank Willmann) Ventil Verlag 2008, "Pogo im Bratwurstland: Punk in Thüringen" LzfpB, 2009, „DreiTagebuch“ Roman, „Gegenüber von China“ Roman, beide Ventil Verlag, 2014, "Das Herz des Aals", Roman, Ventil Verlag 2017, "Mitten drin - Fußballfans in Deutschland" BfpB, 2018, "Vereint im Stolz - Fußball, Nation und Identität im postjugoslawischen Raum", BfpB 2021
Das Beste hier sind der Himmel und die Augen der Frauen. Nirgends habe ich eine solch zarte Melancholie in den Augen und ein derart klares Blau des Himmels gesehen. Die Luft schwingt unter den goldenen Körnchen der Sonnenstrahlen, sie ist so zart und klar, dass der Blick zu Gott hinauffliegt. Ich liege stundenlang auf meiner Bastmatte und schaue in den Himmel.
Ich habe vergessen, dass es eine Erde, dass es andere Menschen gibt, ich habe verlernt, die Stunden, Tage und Gedanken zu zählen. Ich habe vergessen, dass es das Böse gibt.
Die 22-jährige Sofia Yablonska reist 1929 nach Marokko. Ihr Bericht heißt Der Charme von Marokko und erscheint als erster Teil ihrer Travelogues im Kupido-Verlag. Sie selbst hätte es Ich und Marokko genannt, wie das informative Nachwort verrät. Ihr frischer Stil und ihre Unbekümmertheit nehmen mich sofort gefangen. Der Himmel ist blau, alles Böse scheint gebannt. Die kurzen, durch ein Schmuckblatt voneinander getrennten und mit schwarzweiß-Fotografien der Autorin bereicherten Kapitel lauten zum Beispiel: Tanz und Sonne, Der Geschichtenerzähler oder Der Kaïd. Eines Abends spielt sie mit einem Franzosen in einem Café Schach und ein sich hinzugesellender Kaïd mag nicht glauben, dass sie eine Frau ist.
Er wollte nicht glauben, dass es zwischen arabischen und europäischen Frauen einen so großen Unterschied gab. Dass europäische Frauen ihre Beine bis zum Knie entblößten, allen Männern ihr Gesicht zeigten und sie anlächelten, ja, selbst dass sie Zigaretten rauchten, hielt er für möglich, aber dass sie Schach spielen konnten, traute er ihnen nicht zu.
Diese ungläubige Begegnung führt dazu, dass der Kaïd Sofia Yablonska in seinen Harem einlädt! So etwas habe ich noch nie gelesen. Selbst heimat- und ruhelos beginnt die Exil-Galizierin mit dem dreimonatigen Marokkoaufenthalt ihre Welt-Reisen, unter anderem wird sie 15 Jahre in China leben. Als ihre Travelogues mit den eindrucksvollen Fotografien in den 1930er Jahren herausgegeben wurden, lösten sie Erstaunen und Begeisterung aus, verschwanden jedoch bald von der Bühne der Literaturgeschichte. Heute gehören die wiederentdeckten Reisebücher zum Kanon der ukrainischen Literatur und wurden jetzt von Claudia Dathe erstmals ins Deutsche übertragen. Die marokkanischen Erlebnisse und ihre Niederschrift markieren den Start der Autorin Yablonska. Sie liefere keine ethnografischen Details, bemerkt der verlinkte Beitrag vom Dlf Kultur. Die ukrainische Literaturwissenschaftlerin Olena Haleta ordnet dazu im Nachwort ein:
Anders als professionelle Journalisten oder Anthropologen hatte Yablonska nie eine fachliche Ausbildung genossen, die ihr ein wissenschaftliches Instrumentarium oder die Stringenz eines literarischen Stils an die Hand gegeben hätte. Aber aus diesem Mangel entstand ein neuer Typus von Erzählung, der sich auf die Gefühle und Erlebnisse des wahrnehmenden Subjekts konzentriert, das sich im Verlauf der Wahrnehmung ändert. In ihrer – zum Teil naiven – Offenheit illustriert Yablonska das, was ihr Zeitgenosse Claude Lévi-Strauss in seinem Reisebericht Tristes Tropiques 1955 darlegte: die Reflexivität, Engagiertheit und Performativität des reisenden Beobachters.
Mir gefällt besonders der neugierige, fast kindliche Blick der Autorin, der sich oft auf Frauen richtet. Sie redet ungezwungen mit den Menschen, besucht Märkte, Cafés, beobachtet Schlangenbeschwörer, fährt auf halsbrecherischen Touren (sie wird beschossen) durch die Wüste oder führt ethische und politische Diskussionen mit Diplomaten, dem Kaïd. Sitzt stundenlang auf dem Dach, schaut in den Himmel.
Als die Sonne sank, verließ ich mein Schatten spendendes Strohdach und stattete meinen hübschen Nachbarinnen einen spontanen Besuch ab. Heute war ein hoher Feiertag. Der erste Tag des Fastenbrechens. Auf den Dächern ringsum saßen Frauen, die ich allesamt kannte, tranken Tee, lächelten und winkten mir zu. Ich sprang von Dach zu Dach, um sie zu besuchen... Wir tranken Pfefferminztee, plauderten über alles Mögliche und freuten uns wie Kinder. Immer wenn ich etwas sagte, was wahrscheinlich sehr komisch klang, brachen sie in gackerndes Gelächter aus. Von den anderen Dächern riefen mich die Nachbarinnen meiner Nachbarinnen und ich sprang katzenhaft von Dach zu Dach.
Quelle: Olga Hochweis www.deutschlandfunkkultur.de
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Bin bei Dirk, ich hab zwar zu viel zu lesen, aber das musste ich bestellen. Danke!
Vielen Dank für den Tipp, habe mir gleich das Buch bestellt ...