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Volk und Wirtschaft

Ungleichheit treibt die Weltwirtschaft, nicht Angebot und Nachfrage ...

Anja C. Wagner
Bildungsquerulantin
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Anja C. WagnerMittwoch, 14.08.2019

Welchen Einfluss international anerkannte Elite-Unis wie Harvard auf unsere Weltgesellschaft ausüben, kann man an dieser Geschichte ablesen:

Ein junger, aufstrebender Professor namens Raj Chetty revolutioniert womöglich das gesamte Wirtschaftssystem, indem er den Standard-Einführungskurs der Ökonomie in Harvard erst ignoriert und dann mit einem datenbasierten Erklärungsansatz disruptiert.

Nicht das freie Marktspiel zwischen Angebot und Nachfrage diene demnach als Grundlage für wirtschaftswissenschaftliche Analysen, sondern die ökonomische und rassistische Ungleichheit. 

"Ich habe immer mehr gespürt, was wir in unseren Büros und unserer Forschung tun, ist einfach völlig losgelöst von dem, was wir in den Einführungskursen unterrichten", sagt Chetty. "Ich denke, für viele Studierenden ist es wie:" Warum möchte ich etwas darüber lernen? Was ist der Sinn?'" 

"Es ist ganz anders als in den Naturwissenschaften, wo man als Kind ein Gefühl hat, dass es vielleicht nicht sehr genau ist, aber die Leute versuchen, Krebs zu heilen", fährt er fort. Er möchte den Studis ein Gefühl für die Art von Ökonomie vermitteln, die heilt: die Ungleichheit heilt, die schlechte Schulen identifiziert und überwindet.

Daraus hat er einen Einführungskurs entwickelt, der sich stärker an aktuellen Forschungsergebnissen orientiert. Die Vorlesungsvideos stehen bereits online – auch für andere Studierende, die darauf zugreifen möchten. Angesichts des Renommees von Harvard könnten so auch andere wirtschaftswissenschaftliche Fakultäten nach und nach dazu übergehen, ihre Einführungen daran zu orientieren.

Dies wiederum könnte angesichts der Strahlkraft das Fach interessanter machen für "diversere" Studierende, die von der Empirie fasziniert sind, ohne sich von seiner Mathematik abschrecken zu lassen. Schließlich könnte sich über die Zeit ein globales neues Verständnis für die tatsächlichen Wirkmenchanismen globaler Ökonomie herausbilden – in den Wissenschaften, in den Regierungen und in den Unternehmen.

Ungleichheit treibt die Weltwirtschaft, nicht Angebot und Nachfrage ...

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Kommentare 8
  1. Nutzer gelöscht
    Nutzer gelöscht · vor 5 Jahren · bearbeitet vor 5 Jahren

    Vielen Dank für diesen wirklich wertvollen Piq. Für jemanden, der sich mit zunehmendem Widerwillen und häufigem Stirnrunzeln durch den Mankiw gekämpft hat - damals um die Jahrtausendwende war der übrigens noch ganz frisch - ist das Balsam. Ergänzend zu Chetty und Kollegen möchte ich das CORE-Econ Projekt verlinken, das ebenfalls von Empirikern in Kritik zu Mankiws Standardeinführung ins Leben gerufen wurde.

    https://www.core-econ....

    "An open-access platform for anyone who wants to understand the economics of innovation, inequality, environmental sustainability, and more"

    Das ebenfalls freie Textbook

    https://core-econ.org/...

    ist eine Freude zu lesen.

  2. Thomas Wahl
    Thomas Wahl · vor mehr als 5 Jahre

    Könnte es sein, dass die Weltwirtschaft von mehreren Faktoren angetrieben wird. Nicht entweder von Angebot und Nachfrage oder von der Ungleichheit? Ist Gleichheit vielleicht eine Nachfrage, die „geheilt“ werden kann? Wenn alles gleich ist, erstarrt dann die Welt?

    1. Anja C. Wagner
      Anja C. Wagner · vor mehr als 5 Jahre

      Sind wir nicht weit davon entfernt, von Gleichheit im Weltwirtschaftssystem ausgehen zu können? Die Frage, die sich hier stellt, ist ja weniger, wie Weltwirtschaft funktioniert, sondern welche politischen Rahmenbedingungen wir dieser an die Seite stellen. Und nur auf das Spiel der Marktkräfte von Angebot und Nachfrage zu setzen, wie vielerorts geschehen, greift eben zu kurz. Und deshalb braucht es eine neue Wirtschaftstheorie, so verstehe ich diesen Beitrag ...

    2. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor mehr als 5 Jahre

      @Anja C. Wagner Wenn wir nicht wissen, wie etwas funktioniert, überhaupt funktionieren kann, wie wollen Sie dann funktionierende Rahmenbedingungen an die Seite stellen?
      Auch sehe ich nicht, wo wirklich das freie Spiel von Angebot und Nachfrage gewirkt haben soll. Eigentlich gibt es überall regulierte Märkte, Handelsabkommen und Zölle sowie unterschiedliche politische und ökonomische Machtpotentiale.
      Ökonomische und politische Gleichheit gibt es allerdings wirklich nicht. Die Ungleichheit ist aber durch tatsächliche Wirkmechanismen entstanden, die wir nur bedingt verstehen. Ob „Gleichheit“ (was genau ist damit gemeint?) wirklich funktioniert, das wäre die Frage. Bisher sind m. E. alle Versuche Gleichheit „herzustellen“ gescheitert.

    3. Kerstin A.
      Kerstin A. · vor mehr als 5 Jahre

      @Thomas Wahl Wer nicht weiß, wie Kapitalismus und damit die Ursachen für soziale und wirtschaftliche Ungleichheit funktioniert, sollte Karl Marx "Das Kapital" lesen. Ist leicht verständlich geschrieben.

    4. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor mehr als 5 Jahre · bearbeitet vor mehr als 5 Jahre

      @Kerstin A. Ach Gott, den hab ich mehrfach gelesen, nicht nur für meine Promotion. Sehr spannend in der Tat. Allerdings nicht wirklich leicht verständlich. Man entdeckt immer was Neues beim lesen. Aber leider ist das keine abschließende Beschreibung, die kann es gar nicht geben. Die Welt hat sich etwas anders entwickelt und von den Marx´ schen Abstraktionen bis in das reale Heute ist es ein weiter Weg ....

    5. Kerstin A.
      Kerstin A. · vor mehr als 5 Jahre

      @Thomas Wahl Tja, für mich war "Das Kapital" leicht verständlich. Und nein, die Welt hat sich nicht etwas anders entwickelt. Kapitalismus herrscht weltweit. Fast alles dreht sich nur um den Profit der Konzerne, Banken und der Handvoll Familienclans, die mit dem letzten Jahr 250 Milliarden Dollar mehr besitzen.

      https://www.stern.de/w...

    6. Thomas Wahl
      Thomas Wahl · vor mehr als 5 Jahre

      @Kerstin A. Wenn Sie das Kapital gelesen und verstanden hätten, dann wüßten Sie, dass der Kapitalismus nicht überall herrscht. Kapitalismus ist industrielle Warenproduktion auf stets wachsender Stufenleiter. Das gibt es nur in relativ wenigen entwickelten Staaten. Und auch die Rolle des Staates ist dort eine andere als Marx es gesehen hat. Sozialstaat und Massenwohlstand war im „Kapital“ nicht vorgesehen.
      Im übrigen besitzen die von Ihnen gemeinten Reichen nicht 250 Mrd. $ mehr, sondern der Wert ihrer Vermögen wird um diesen Wert höher geschätzt. Das ist ein gewisser Unterschied.

      Marx wäre da penibler und wahrscheinlich auch kritischer gegenüber seinem Werk.

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