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Kurator'in für: Technologie und Gesellschaft Medien und Gesellschaft Klima und Wandel
Irgendwas mit Medien seit 1996, Typograph, Grafiker, Blogger. Ask me anything.
Surgeon General bedeutet zu deutsch in etwa "Sanitätsinspekteur der Vereinigten Staaten". Das klingt zunächst nicht sehr dramatisch und nach einem besseren Klempner, es handelt sich bei diesem Amt allerdings laut Wikipedia um die oberste "Leitungsfunktion des United States Public Health Service" und die sind gegenüber der US-Regierung verantwortlich für den öffentlichen Gesundheitsdienst. Ich bin unsicher, ob man den Surgeon General mit dem deutschen Gesundheitsminister gleichsetzen kann, aber zumindest in den USA ist er "the nation's doctor". Seine Stimme hat Gewicht.
Dieser hat nun in einem gestern veröffentlichten Dokument ausdrücklich vor der Nutzung von Social Media gewarnt, vor allem im Kontext der Teenage Mental Health-Krise, und Vorschläge zur Regulierung sozialer Medien, der Entwicklung neuer Rahmenbedingungen und letztlich auch Tipps für die Anwendung an besorgte Eltern gegeben. Das 19-seitige PDF ist eine Zusammenfassung der bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnisse und enthält Handlungsanweisungen an Politik, Eltern, Erzieher, Wissenschaftler und Ärzte, um den vielfältigen psychologischen Phänomenen zu begegnen, die durch die neue engmaschige digitale Vernetzung und Design-Entscheidungen der Plattformbetreiber hervorgerufen werden.
Die Vorschläge enthalten neben oft gehörten Forderungen wie Datentransparenz für Wissenschaftler und Regulierungsbehören auch eine Einführung von verbindlichen Zugangsbegrenzungen für Jugendliche oder der Schaffung von "Tech-Free Zones" durch Erziehungsberechtigte und Pädagogen. Ich bin unsicher, ob Zugangsbeschränkungen für Jugendliche zumindest ab einem gewissen Alter nicht noch mehr Probleme schafft, als es beseitigt, da man die Kids schlichtweg von einem heute essenziellen Teil menschlicher Sozialität ausschließt, allerdings fordere auch ich bereits seit Jahren "Tech-Free Zones" in Schulen und halte Screens im Unterricht für eine ganz schreckliche Idee. Dennoch sind altersabhängige Zugangsbeschränkungen ein Regulationsmittel, das man offen diskutieren muss und nicht im Rahmen eines anachronistisch-techutopistisch geprägten Netz-Aktivismus mit verweisen auf ein freies Internet abschmettern kann.
Das Dokument bedeutet letztlich auch ein öffentliches Eingeständnis dessen, was Wissenschaftler wie Jonathan Haidt seit langer Zeit (und Social Media-Auskenner und Blogger wie yours truly seit noch viel längerer Zeit) dokumentieren. Haidt veröffentlichte grade erst einen Text über eine Studie, die belegt, dass das Alter des Erstkontakts mit Smartphones direkt mit einer sinkenden geistigen Stabilität im Erwachsenenalter korreliert, und dies ist nur eine von vielen Hinweisen, die zu diesem bemerkenswerten Dokument des Surgeon General der USA führten. Die Erkenntnisse aus den mittlerweile hunderten psychologischen Studien sind in meinen Augen erdrückend, und die bisherigen Einlassungen der Socmed-Apologeten, hier exemplarisch Tom Chivers auf Semafor, beeindrucken mich nicht wirklich.
Ich schreibe seit rund zehn Jahren über die psychoaktiven Aspekte sozialer Medien, seit rund sechs Jahren hier auf piqd -- einer meiner ersten Posts handelte etwa von den psychologischen Effekten gesteigerter Sichtbarkeit der Anderen in sozialen Medien. Zuerst wurden mir diese Effekte mit dem Aufkommen des heute allseits bekannten Clickbait-Phänomens Anfang der 2010er-Jahre bewusst, und ich vermutete damals bereits, dass althergebrachte Manipulationstechniken der Yellowpress in digitalen Medienumgebungen ganz neu skaliert und angewandt werden können, mit vorher nicht da gewesenen Möglichkeiten zu einer zielgenauen Manipulation menschlichen Verhaltens.
Diese Manipulationsmöglichkeiten haben sich im Laufe der Zeit nur vervielfacht und sie erhielten allerspätestens mit dem Sieg von Donald Trump und der Debatte um "Internet-Outrage" eine politische Dimension. Dass diese Manipulationsmöglichkeiten der menschlichen Psyche nicht vor Journalismus und Medien halt machen, sondern die Psychologie aller Menschen beeinflusst, war mir klar, ich hatte allerdings nicht damit gerechnet, dass diese Entwicklung vor allem und am deutlichsten weibliche Teenager treffen wird, auch wenn dies in der Nachbetrachtung aus vielen Gründen offensichtlich erscheint, die an dieser Stelle aufzuzählen zu weit führen würde. Belassen wir es bei: Die bislang im Mainstream gelandeten und auch in diesem Dokument des Surgeon Generals aufgeführten Warnungen bilden in meinen Augen nur die Spitze eines Eisbergs.
So fand etwa eine grade erst veröffentlichte Studie einen Zusammenhang des bekannten Online Disinhibition Effekts, laut dem uns das Netz gegenüber anderen Menschen enthemmt, und der emotionalen Überhöhung unserer Online-Kommunikation: Wir übertreiben die von uns online kommunizierten emotionalen Zustände aufgrund fehlender sekundärer Kommunikationsmittel wie Körpersprache oder Blickkontakt. Diese Studie alleine hat im Kontext einer Aufmerksamkeitsökonomie das Potenzial, viele der bekannten Phänomene wie die seit Jahren um sich greifende Empörungskultur oder Exzesse in der Bildung von Online-Mobs zu erklären. Dies ist nur eine von vielen, vielen Studien, die ein recht eindeutiges Bild der Effekte sozialer Medien zeichnen, und wenn ich oben schreibe, dass ich soziale Medien für psychoaktiv halte, dann meine ich das nicht als Metapher: Social Media are drugs.
Aus diesen Gründen freut es mich sehr, dass eine gewichtige Stimme wie die des obersten Surgeon Generals der US-Regierung, der letztlich die Verantwortung für die öffentliche Gesundheitsversorgung der gesamten Bevölkerung trägt, nun mit diesem Dokument öffentlich belegt, dass die geschilderten Phänomene und ihre Ursachen nicht nur ein paar wirre Theorien von ein paar frühen Bloggern wie mir oder ein paar Wissenschaftlern sind, die man ignorieren kann, sondern ernst zu nehmende Gesundheitsrisiken für die psychologische Verfassung der gesamten Gesellschaft.
Quelle: Casey Newton Bild: Nick Barclay / Th... EN www.theverge.com
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