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Technologie und Gesellschaft

Trostianets: Rohe Nahaufnahme einer überfallenen Stadt

Jannis Brühl
Redakteur
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Jannis BrühlSonntag, 10.04.2022

Die Lage in den Gebieten der Ukraine, die von russischen Soldaten überfallen wurde, ist unübersichtlich, das liegt in der Natur der Sache. Umso wertvoller sind Reportagen von der Front, wie diese aus dem Guardian. Shaun Walker schildert, was er und die Fotografin Anastasia Taylor-Lind in Trostianets vorfanden. Der Ort liegt 30 Kilometer von der ukrainisch-russischen Grenze entfernt, russische Truppen besetzten ihn am ersten Tag der Invasion. Walker schildert, was er im Ort vorfindet, nachdem die ukrainische Armee die Besatzer in die Flucht geschlagen hat. Und was er findet, ist unheimlich.

Die Whisky-Flasche des Generals steht noch auf dem Tisch, daneben ein Aschenbecher mit einer halbgerauchten Zigarette, im Raum noch ein Bett, das er aus einem Hotel stehlen ließ. Die Besitzerin des Schönheitssalons steht fassungslos vor den Trümmern ihrer Existenz, die Soldaten haben ihr Geschäft geplündert. Frauen berichten von Exekutionen ihrer Männer, von Bedrohungen gegen sie selbst auf offener Straße, und der Bürgermeister davon, wie er in den Wald floh und dort eine Partisanengruppe organisierte.

Lesenswert ist der Text vor allem, weil er die Banalität, Rohheit und Absurdität dieses (jedes?) Krieges zeigt: De russischen Soldaten, die beschämt den Blick abwenden, während sie Häuser der Ukrainer durchsuchen und sich entschuldigen. Die vollgeschissenen Räume, in denen die Besatzer hausen. Die Armseligkeit der Plünderungen, wenn Kosmetikprodukte zu Kriegsbeute werden. Und am Ende bleibt: der Hass der Ukrainer auf jene Menschen, die eben noch ihr "Brudervolk" waren.

Vor dem Lesen muss man sich natürlich vergegenwärtigen, dass Walker sich vor allem auf die Aussagen der ukrainischen Bewohner von Trostianets verlassen hat. Dann wird dieser Text in meinen Augen zu einem der starken Zeugnisse aus diesem Krieg.

Trostianets: Rohe Nahaufnahme einer überfallenen Stadt

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