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Tino Hanekamp war Journalist und Musikjournalist, hat in Hamburg zwei Musikclubs gegründet (Weltbühne, Uebel & Gefährlich), einen Roman geschrieben (‚So was von da‘) und unlängst ein Buch über Nick Cave ('... über Nick Cave'). Er lebt im Süden Mexikos.
Heißt es nicht schon seit spätestens der Neunziger, "Irony is over", und das aus vielen guten Gründen? Oder, wie groß muss die Verzweiflung eigentlich sein, dass Ironie als Ausweg erscheint?
Bin gerade ganz geplättet. Habe einen dieser Oh-mein-Gott-ist-das-deutsch-Momente, die selten sind, weil ich seit sechs Jahren in der südmexikanischen Pampa lebe. Weswegen ich keine Ahnung habe, wie es ist, gerade in Deutschland zu leben, in Zeiten der Pandemie. Obwohl ich immer wieder versuche, es mir vorzustellen, aber es ist halt nur ein Versuch — ich weiß es nicht, und das weiß ich.
Es ist offenbar richtig schlimm. So schlimm, dass 51 aus Kino und Fernsehen bekannte Schauspielerinnern und Schauspieler auf Initiative einer Münchner Firma namens Wunder Am Werk GmbH in ihren Häusern und Wohnungen einminütige Videos aufgenommen haben, in denen sie sehr schauspielerisch vor irgendwie hygge-heimischen Hintergründen extrem ironisch über die deutschen Corona-Maßnahmen reden. So in der Art: Ich habe alle meine Kontakte gelöscht, aus Sicherheitsgründen. Meine Kinder kriegen eins mit dem Gummiknüppel auf den Kopf, wenn der Inzidenzwert zu hoch ist. Ich bewahre meine Meinungsfreiheit, indem ich mich von meiner Meinung befreie — alle Macht dem deutschen Staat!
Und das sind allesamt hervorragende Schauspielerinnen und Schauspieler und garantiert sehr intelligente Menschen — Volker Bruch, Meret Becker, Wotan Wilke Möhring, Ulrike Folkerts, Nadja Uhl, Jan Josef Liefers, Ulrich Tukur usw. Und die affirmieren da in einer knallharten Ironie (also so was von nicht) die deutschen Corona-Maßnahmen, dass es schon keine Ironie mehr ist. Eher Zynismus. Jeder dieser Clips ist dermaßen frustriert und giftig — eine einzige Zersetzung. Uebermediens Stefan Niggemeier nennt es den »größten Erfolg der Querdenkerszene bisher«. H.-G. Maaßen freut sich. Die AfD auch. Und unter den bereits zehntausendfach geschauten YouTube-Clips (das ist alles gerade erst online gegangen) geht der Daumen zu neunzig Prozent nach oben, und die Homepage allesdichtmachen.de bricht ständig zusammen.
Aus der Ferne betrachtet wirkt das wahnsinnig deutsch.
Ich meine, warum denn die Ironie?
Damit es „Kunst“ ist, wie die Initiatoren sagen?
Braucht man das als Deckmantel oder Notausgang?
Was soll denn die Giftigkeit? Sagt doch einfach, was ihr denkt!
Aus der Ferne betrachtet entsteht folgender Eindruck: Ein Land und all seine Bewohner leiden unter dieser Pandemie und den von der Politik beschlossenen Maßnahmen, sie einzudämmen. Und 51 Schauspielerinnen und Schauspieler drücken den Stachel genau da rein, wo es weh tut. Nur sagen sie dabei nicht, was sie denken, sondern das Gegenteil — Ironie. Der Stachel ist vergiftet. Warum?
Habe ich so in der Art noch nirgendwo gesehen.
Und es ist sicher sehr deutsch, darin etwas spezifisch Deutsches zu sehen.
Auf jeden Fall ist das alles erstaunlich, und ich freue mich schon auf die piqs, die sich mit diesem Thema beschäftigen werden.
Quelle: allesdichtmachen.de Bild: https://allesdich... www.youtube.com
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Ulrich Tukur:
"Kunst kann kein Arzneimittel sein, sie muss schmerzen. Es ist seit alters her das Privileg des Gauklers, dem Herrscher einen Spiegel vorzuhalten und in seiner (überspitzten) Art auf Missstände aufmerksam zu machen. Man muss das nicht kommentieren. Meine Kollegen und ich wollten lediglich ein Fenster in diesem trägen Haus aufreissen und frische Luft hereinlassen. Und jetzt gehen sich alle gegenseitig an die Gurgel. Schade. Ich hätte mir eine offene Diskussion um diese erratische und kontraproduktive Corona-Politik gewünscht, die ohne Not so viele Existenzen ruiniert. Dass eine Pandemie existiert und Menschen Not leiden und Angst haben und keiner der politisch Verantwortlichen Böses will, steht für mich ausser Frage. Es steht für mich allerdings auch ausser Frage, dass es besser ist, sich zurückzuziehen, wenn eine vernünftige Auseinandersetzung, von mir aus auch ein zünftiger Streit, nicht mehr möglich sind."
https://nzzas.nzz.ch/i...
1. intelligente geplante Äußerung bezieht Reaktionen mit ein. Das bedeutet nicht dass ich x nicht sagen kann nur weil die Falschen x sagen. Aber ich darf mich dann nicht wundern wenn die falschen mir zustimmen und die anderen mir das vorwerfen. vorallem dann nicht wenn ich ohne Probleme das was ich wollte so sagen kann um Missverständnisse auszuschließen.
2. (angebliche) Kunst und Ironie hat bestimmte merkmale und genrekriterien. die wie so oft in letzter zeit hier nicht erfüllt werden. speziell Ironie soll die mächtigen angehen und diemöglicherweise schwächeren Sprecher schützen. und der ironische Sprecher nimmt häufig eine Rolle ein. Nicht umsonst hatte der berühmte Zitate-Geber Kurt Tucholsky Theobald Tiger Peter Panther etc. Und diese Videos die vorallem in ihrer Gesamtheit (aber auch in der Mehrheit der einzeln!) keinen ErkenntnisGewinn über solche Aussagen wie: "masken dumm Medien gleichgeschaltet Staat böse" bringen, verhöhnt die Opfer und die Helfer. und zwar OHNE neuen Sinn! Satire darf nämlich nicht alles. Und wenn sie nur als Schutzschild und Deckmantel dient, ist sie keine. ..
Die Videos bleiben hier in ihrer Argumentationstecken... und dann wundern die sich über die Reaktionen?! ...
Diese Lücke wird a) gefüllt von den "Falschen" und b) kritisiert von der Mehrheit der Menschen in Deutschland - die nämlich für die Corona-Maßnahmen sind und die Berichterstattung in der Pandemie für relativ ausgewogen halten.
3. Und um es klarzustellen: den 50 irgendeine Art Bestrafung zu kommen zu lassen die über Gegenwind und versautes Image hinaus gehen, wäre natürlich falsch. Aber gerade in ihrem Metier ist natürlich gerade letztes fatal. Aber kein falsches Mitleid - sie sind erwachsen und sollten kompetent in Medien sein. schade wenn sie sich vor irgendeinen karren spannen ließen ohne darüber vorher nachzudenken.
interessant wäre tatsächlich wer denn da die Organisatoren und deren Motivation sind. gehe Googlen und piqden :-).
Ein Angehöriger der gleichgeschalteten Presse gesteht: Johannes Hano, fürs ZDF in New York, erklärt eindringlich, glaubhaft (und sarkastisch - ich sag es dazu), wie das "Projekt Corona-Pandemie" gelauncht, gesteuert und durchgeführt wurde. https://twitter.com/Jo...
Wie immer ist die Aufmerksamkeit sehr ungerecht verteilt. Wer ein bisschen gute Laune haben möchte, kann sich diesen Beitrag auf RBB ansehen, wo DJs und Schauspieler:innen aus einer beschissenen Situation das beste machen (Und dafür vermutlich nich von Jens Spahn eingeladen werden)
https://twitter.com/rb...
Diese 50 Kollegen haben etwas gemacht, was Kunst schon immer gemacht hat, sie haben provoziert, sie haben polarisiert, sie haben Menschen aufgescheucht, sie haben übliche Denkstrukturen aufgebrochen.
Mir haben diese Kollegen sehr gut getan. Sie haben mein Gefühl von Wut, Ohnmacht und Ungewissheit in eine Form gebracht. Dafür bin ich ihnen dankbar. Mich, den unbekannten Kollegen hätte diesbezüglich keiner wahrgenommen.
Sie haben vielen Namen losen Kollegen eine Stimme verliehen. Ihnen vorzuwerfen, dass sie Erfolg haben oder gar in eine rechte Ecke stellen, halte ich für unredlich.
Keiner kann sich dagegen wehren, wenn rechte Idioten etwas vereinnahmen, wenn sie damit Aufmerksamkeit erhalten.
Es hat ja funktioniert. Leider. Die Medien sind über dieses Stöckchen gesprungen anstatt sie ins Leere laufen zu lassen.
Auf alle Fälle hat diese Aktion eins bewirkt, es hat geläufige Denkstrukturen aufgebrochen, die durch Corona offenbar bei vielen festgefahren waren.
Dafür danke ich diesen Kollegen sehr.
Ich danke ihnen auch dafür, dass sie vielen namenlosen KollegInnen eine Stimme verliehen haben.
Auch wer Erfolg hat, ist berechtigt Kritik zu äußern.
Eigentlich wollte ich das nicht kommentieren, aber nun stieß ich auf diese Stellungnahme von Andrej Hermlin, der die Aktion einschätzt und überzeugend gesamtgesellschaftlich ins Positive wendet.
https://www.facebook.c...