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Quelle: verlag
Spionin, Detektivin oder Archäologin wollte ich eigentlich werden. Dann reichte es nur zur Schriftstellerin. Zumindest kann ich seitdem meiner Passion im Recherchieren nachgehen. Bislang hielt ich mich dazu in verschiedenen Ländern, wie Portugal, Österreich, USA oder Japan auf. Mein letzter Roman "O.", eine Neuschreibung der Odyssee aus weiblicher Perspektive, ist im März 2020 erschienen. Außerdem gibt einen neuen Essayband mit dem Titel "Erfundene Heimaten". Zurzeit arbeite ich an einem Projekt, das sich mit der Darstellung von Historie in aktuellen literarischen Werken beschäftigt.
In seinem neuen Buch erzählt der amerikanische Jurist Philippe Sands von Begegnungen mit einem Sohn des österreichischen Nazi-Verbrechers Otto Wächter, welcher u.a. verantwortlich für die Errichtung des Krakauer Ghettos war. Horst, ein naiv wirkender, auf einem steirischen Schloss lebender Mann, verteidigt den Vater gegen alle Anschuldigungen, lässt sich jedoch auf die Suche nach Hintergründen seiner Kriegsvergangenheit ein. Sands recherchiert unermüdlich, konsultiert Fachleute, sammelt Beweise, um dem wahren Geschehen näher zu kommen und damit Horst von der Schuld des Vaters zu überzeugen. Aus Wächters Briefen an seine Frau Charlotte rekonstruiert Sands die Wege des Geflohenen, der - nachdem er seinen Tod inszeniert hatte – in den Alpen untergetaucht war. Über drei Jahre gelang es ihm nach Kriegsende sich dort zu verstecken, bis er nach Rom weiterreisen konnte. Dort lebte er unbehelligt in einem Kloster, bis er plötzlich 1949 verstarb. Sands fährt mit Horst dorthin, trifft Vertraute vor Ort, sucht Archive im Vatikan auf, um Genaueres über Bischof Alois Hudal zu erfahren, der damals eine Schaltstelle für geflohene Nazis gebildet hatte. Der Fluchtweg über Südtirol nach Rom, mit Aussicht auf eine Weiterreise in sichere Länder, wie Syrien oder Argentinien, wurde ratline genannt. So lautet der etwas holprig übersetzte Titel des Buches: „Die Rattenlinie – ein Nazi auf der Flucht“.
In welchem Maße die amerikanische Besatzungsmacht darin verwickelt war, stellt die große Überraschung von Sands‘ Forschungen dar. Mithilfe von Geheimdienstakten findet er heraus, dass die US-Besatzer von den Nazi-Tätern, die sich auf der Flucht oder im Versteck befanden, wussten. Doch sie unternahmen nichts, um sie zu fassen, denn US-Befreiern und Alt-Nazis war ein Feind gemeinsam: die Sowjetunion. Einige der Untergetauchten wurden von den Amerikanern sogar als Spione angeheuert.
Im Laufe der Lektüre bewundert man die Engelsgeduld, die Philippe Sands gegenüber dem mehr als gutgläubigen Horst Wächter aufbringt. Doch immerhin ist er der einzige aus Wächters Nachkommenschaft, der überhaupt bereit ist, sich mit der Vergangenheit des SS-Manns auseinanderzusetzen und sogar einige von seiner Mutter in ihrer Funktion als Ehefrau des Statthalters von Galizien geraubte Kunstwerke zurückgeben möchte. Nach und nach wird das Porträt des Gesuchten deutlicher, seine Verstrickung in die Ermordung unzähliger Juden beweisbarer. Doch Horst findet neue Argumente, um dies zu leugnen.
Beeindruckend sind die Zugänge und Reisemöglichkeiten, welche Sands zur Verfügung stehen, z.B. diskutiert er mit Professoren für Forensik die Möglichkeiten einer Exhumierung des Täters nach fast 30 Jahren, um die vom Sohn verbreitete These zu widerlegen, der Alt-Nazi wäre vergiftet worden, oder bespricht mit dem zum Autor gewordenen Spion John Le Carré Modalitäten seiner Tätigkeit als Spitzel.
Sands‘ akademisches Netzwerk ermöglicht ihm, Informationen auf wissenschaftlichem Niveau zu sammeln. Zuweilen wundert der Autor sich selbst, wohin es ihn auf der Suche nach Beweisen für Wächters Schuld verschlägt: Österreich, Südtirol, Rom, Schweiz, New Mexiko usf. Noch eindrucksvoller aber ist seine Fähigkeit diese Recherche spannend und nahezu literarisch aufzubereiten, wie bereits im ersten Sachbuch auf der Suche nach den eigenen jüdischen Vorfahren in Lemberg bewiesen.
Seine Auseinandersetzung mit Horst steht beispielhaft für eine Konfrontation der Nachkommen von Opfern mit der von Tätern. Dass Horst als einziges der Kinder des Nazi-Verbrechers überhaupt bereit ist eine Diskussion zu führen, während die anderen jeglichen Kontakt verweigern, zeigt, wie wichtig Forschungen dieser Art heute noch sind. Zudem gelingt es Sands, die Geschichte mit düsterem Thema zu einem hoffnungsvollen Ende zu bringen. Alles in allem liest sich dieses erzählende Sachbuch weitaus spannender als viele Romane mit ähnlichen Anliegen.
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