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Anne Hahn, in Magdeburg geboren, lebt seit 1990 in Berlin. Studium der Kunstgeschichte/Geschichte in Berlin und Florenz. Seit 1999 Porträts, Reportagen und Rezensionen in verschiedenen Medien. Buchveröffentlichungen u.a.: "Satan, kannst du mir nochmal verzeihn - Otze Ehrlich, Schleimkeim und der ganze Rest" (mit Frank Willmann) Ventil Verlag 2008, "Pogo im Bratwurstland: Punk in Thüringen" LzfpB, 2009, „DreiTagebuch“ Roman, „Gegenüber von China“ Roman, beide Ventil Verlag, 2014, "Das Herz des Aals", Roman, Ventil Verlag 2017, "Mitten drin - Fußballfans in Deutschland" BfpB, 2018, "Vereint im Stolz - Fußball, Nation und Identität im postjugoslawischen Raum", BfpB 2021
"Eine Streitschrift für das Recht auf einen frei bestimmten Tod", lautet der Untertitel des 1982 im Frankfurter Robinson Verlag auf Deutsch veröffentlichten Buches von Claude Guillon und Yves Le Bonniec. „Dieses Buch wird Skandal machen“, verkündet eine editorische Notiz im Vorsatz, und so war es auch. Spiegel und Zeit-Autoren zeigten sich irritiert, Buchhändler boykottierten den Verkauf, der Verlag hingegen sah sich von privaten Bestellungen und Danksagungen überschwemmt.
Das Buch wurde nach dem Erscheinen von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften auf den Index gesetzt, nach drei Jahren wieder freigegeben und konnte käuflich erworben werden. Seit 2008 ist es „folgeindiziert“ und darf nicht vertrieben werden, der Besitz hingegen ist erlaubt. Zwei Antiquare in Deutschland haben das Buch dennoch online im Angebot - zu stattlichen Preisen.
Zum Inhalt: In zehn Kapiteln durchforsten die Autoren die Geschichte des Suizides. Im Stil der Achtundsechziger rasen die Franzosen durch die Menschheitsgeschichte der Selbsttötung und verteilen Seitenhiebe wie diese: „Die Schule tötet, so gewiß wie die Familie, die Armee und alles übrige.“ Das Recht über den eigenen Tod sprechen sie schon Kindern zu, mit dem Nachsatz: „Keine Bange, wir lieben den Tod nicht. Uns wäre es lieber, wenn die Kinder sich liebten, der Gefangene entwiche, die Banken in Flammen aufgingen, mit einem Wort, das Leben sich manifestierte.“
Griechische und römische Rechtsprechung, die Bestrafung durch Kirche und Adel werden gestreift, das Richten von Leichen und Einziehen des Vermögens von Selbstmördern. Fazit: „Es gibt ein Recht des Selbstmords. Aber kein Recht auf Selbstmord.“
Kriminalisierung und Pathologisierung des Suizids, Experimente am Menschen (Hemingway brachte sich demnach in Folge von Elektroschockbehandlungen um), vorgetäuschte Selbstmorde (Stichwort RAF), nicht erkannte Selbstmorde (Magersucht) und Selbstmorde als letzte Weigerung (Hungerstreik von Gefangenen) werden verhandelt. An- und Einsichten zum Thema von André Breton bis Majakowski. Anekdotenhaft und spritzig. Mich hat die Schreibweise der Autoren ein wenig an Klaus Theweleit erinnert. Manche Geschichten von unfreiwillig Geretteten wie geglückten Suiziden erscheinen auf seltsame Weise komisch - ich fühlte mich als Voyeur, bis mir auffiel, was ich hier vermisste. Guillon und Bonniec verzichten auf jedes Einfühlen in die Verzweiflung, die einen Lebensmüden befallen hat. Ihm die Luft zum Atmen nimmt, jeden weiteren Tag zu leben als unerträgliche Aufgabe erscheinen lässt, jede Stunde, jede Minute. So hatte ich es in Klaus Manns Tagebüchern, bei Inge Müller und Silvia Plath gelesen und nach-empfunden. Mir selbst erschien der Freitod in meinen zwanziger Lebensjahren als mögliche Variante der Entscheidung. Eine Lieblingsautorin war für mich Karoline von Günderode. In gewisse Ferne gerückt erscheint er mit jetzt noch plausibel als Lösung eines unwerten Lebens, sollte dieses durch Krankheit oder Unfall sich meiner bemächtigen. Auch nachdem ich familiär betroffen bin, akzeptiere ich den Freitod.
Claude Guillon und Yves Le Bonniec bleiben schmerzhaft sachlich. Es folgen Versuche, den sanften Tod zu propagieren, seine Schriften, Streiter und die Möglichkeit der Einrichtung von Selbstmordkliniken – in Abgrenzung zur Euthanasie (in ihren nationalsozialistischen Auswüchsen).
Auf den letzten fünfzig von 240 Seiten wird eine Anleitung zum Selbstmord geliefert, von der Wahl des Ortes (ein Hotelzimmer, zwei Tage im voraus bezahlt) über genaueste Medikation bis zu den Vorsichtsmaßnahmen für das Auffinden des eigenen Körpers. Die nötige Dosierung der Barbiturate, Analgetika, Antihistamine etc. bis hin zu den Toxinen, von denen unbedingt abzuraten ist: Tollkirsche, Fingerhut, Rizinus und Strychnin, weil ihre Wirkung entweder unvorhersehbar, lang, unsicher oder aufhebbar sei – bei letzterem in Mischung mit Barbituraten.
Es scheint schwer zu sein, sich zu ermorden. Menschen, die gescheiterte Versuche hinter sich haben, dürften dankbar sein für die detaillierte Anweisung der Autoren. Bei Wikipedia ist Gullions Liste und Dosierung der Medikamente nachzulesen.
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