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Sachbuchautor über Romane in Berlin. Letzte Veröffentlichung: "Mein Leben als Tennisroman" (Blumenbar). Kolumne "Bad Reading" im Freitag (das meinungsmedium).
Let's get this straight: Der Typ ist einer von New Yorks absoluten Topanwälten und wurde als Kind neben einer Mülltonne ausgesetzt, wo ihn Mönche fanden und jahrelang sexuell mißbrauchten, bis sich einer von ihnen in ihn verliebte und es dahingehend besser mit ihm meinte, als dass er mit dem Kind abhaute, um es ganz für sich zu haben, beziehungsweise auch an Freier weiterzuprostituieren (falsches Deutsch, aber ihr bekommt das Bild hin), bis er, also der Kinderzuhälter, sich umbringt, und der spätere Topanwalt, auf ein Internat kommt und da noch mal neun Höllenkreise härter gequält wird, weil die Bestien von Mitschülern das Opfer in ihm wittern. Bis sich endlich alles zum besseren wendet und er mit seinen drei metrosexuellen Sex-and-the-City-Freunden ins gute Leben mit dunklem Geheimnis durchstarten kann...
... Und jetzt mal ehrlich: ist die Welt und unser aller kleines "Ein wenig Leben" (Hanya Yanagihara, Hanser Berlin - vgl. auch Foto Folge 0) wirklich so arschlangweilig und braindead, dass wir uns in unserer wertlosen Lese-Freizeit auch noch so eine Fake-Fate-Fiction reinziehen müssen? Die Wochenend-Feuilletons sagen ja. Ich bin ja weniger für eine Fiktions-Debatte um das autobiographische Ich in Zeiten von authentischem Kaffee, sondern finde, es sollte lieber um Bullshit-Alarm in 1000-Seiten-Wälzern und Schicksalsbedürfnisse in finsteren Zeiten gehen.
Dagegen lieber noch zwei schnelle Buchtipps für den Rest-Januar, die ich mir heute im Schneematsch der Real World von der Buchhandlung um die Ecke abgeholt hab:
Philipp Schönthalers "Portrait des Managers als junger Mann" (Matthes & Seitz). Und Witold Gombrowicz' "Ferdydurke" (vergriffen, nur noch irre schwer über Antiquariate zu beschaffen). Auf Schönthaler wurde ich durch eine FAZ-Rezension aufmerksam. Es geht um Storytelling und Kapitalismus. Vorne ins Buch reingelegt hab ich mir schon mal folgende Zeitungs-Artikel:
Und was schon mal auch super nicht funktioniert ist der Romanbeginn von Witold Gombrowicz' "Ferdydurke". Ein Buch, auf das ich überhaupt nur durch eine Mini-Erwähnung in Knausgårds Hamsun-Essay "Das Amerika der Seele" aufmerksam geworden bin. Die erste Seite geht so:
„Am Dienstag erwachte ich zu jener seelenlosen und unwesentlichen Zeit, da die Nacht eigentlich schon zu Ende ist und die Morgendämmerung noch nicht recht begonnen hat. Plötzlich wach geworden, wollte ich mit einer Taxe zum Bahnhof jagen, da mir schien, daß ich verreise – erst in der folgenden Minute machte ich mir mühsam klar, daß gar kein Zug für mich auf dem Bahnhof stand, gar keine Stunde gekommen war. Ich lag in trübem Lichte da, und mein Körper fürchtete sich unerträglich, bedrängte mit seiner Angst meinen Geist, der Geist bedrängte den Körper, und jeder kleinste Fiber krampfte sich in der Erwartung, daß nichts geschehen, nichts sich verändern, nichts jemals erfolgen werde, und was man auch immer unternehmen würde, nichts und nichts beginnen werde. Es war die Angst vor dem Nichtvorhandensein, die Unruhe des Nichtlebens, die Befürchtung der Unwirklichkeit, der biologische Schrei aller meiner Zellen gegen inneres Zerreißen, Zerpulvern und Zerstäuben. Die Angst unanständiger Kleinheit, der Schrecken der Entkonzentrierung, die Panik auf dem Grunde eines Bruchteils, das Entsetzen vor der Vergewaltigung, die ich in mir hatte, und vor der, die von außen drohte – und das Wichtigste war: Fortwährend begleitete mich, nicht einen Schritt von mir weichend, etwas, das ich als das Selbstgefühl eines inneren, zwischenzelligen Nachäffens und Verspottens, eines Selbstverlachens der unbändigen Teile meines Körpers und der analogen Teile meines Geistes nennen könnte.“
Sic (Volk und Welt-Übersetzung von Walter Tiel).
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