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Sachbuchautor über Romane in Berlin. Letzte Veröffentlichung: "Mein Leben als Tennisroman" (Blumenbar). Kolumne "Bad Reading" im Freitag (das meinungsmedium).
Von der Parasitenpresse, dem Verlag mit den besten Buchtiteln (aktuelle Auswahl: "die idiotische wucht deiner wimpern", "Hatte Kurt Cobain eine E-Mail-Adresse?", "Die Schienbeine der Stadt", "Am Rande der Wahrscheinlichkeit von Mexiko" ...) hatte ich noch nie gehört - bis ich die FAZ-Hymne über Andre Rudolphs neuen Gedichtband "Ich bin für Frieden, Armut und Polyamorie - welche Partei soll ich wählen?" (Parasitenpresse) las, die auf perlentaucher.de gewohnt souverän folgendermaßen zusammengefasst wird:
Rezensionsnotiz Frankfurter Allgemeine Zeitung, 22.07.2020
Rezensent Christian Metz empfiehlt Andre Rudolphs Gedichte, auch wenn der Autor ihn anschnauzt, distanzlos. Die Bildstärke des laut Metz in den Fußstapfen von Plath, Lowell und Sexton sich bewegenden Dichters findet er beeindruckend. Wenn Rudolph Metaphern zu Allegorien-Palästen ausbaut, nur um sie sodann einzureißen, den Zerfall zu feiern und den Leser in einem "Ideen- und Gefühlsschwall" zu ersäufen, setzt Metz sich dem gerne aus. Alles muss raus. Dieser Satz bekommt bei Rudolph für Metz eine unwiderstehliche Bedeutung, fühlt er die "drängenden notzustände . . . der seele, terrorisiert vom gedicht", um den Dichter zu zitieren.
Okay, vielleicht ist es auch keine richtige Hymne, aber der Artikel reichte jedenfalls, um mir den Band sofort zu bestellen und auch mal reinzulesen. Wenn ich wirklich seriöser Lyrik-Literaturkritiker wäre, würde ich als erstes ein Hymnen-Verbot erlassen. Bei Lyrik bitte Verrisse only - jedes überschwängliche Lob kann im Grunde nur als übergriffige Beleidigung für den Lyriker aufgefasst werden, indem es ihm das falsche Gefühl vermitteln würde, auf dem richtigen Weg zu sein, was Lyrik, als Königsdisziplin des Scheiterns an sich, aber niemals ausstrahlen darf.
Und als zweites und drittes würde ich (als Teil des Problems) auch noch umgehend ein eiskaltes Verbot für first-person-poetry und Traumschilderungen in Gedichten verhängen, als unerträglich doppelige Moppelungen der ohnehin schon somnambulen Mindstate Lyrik.
Da ich aber kein professioneller Lyrikleser bin, kann ich mir einfach die Rosinen aus dem Werk von Andre Rudolph (geboren 1975 in Warschau, aufgewachsen in Leipzig, wohnhaft in Caputh am Schwielowsee) rauspicken. Alle Gedichte beginnen mit einem freundlich-nüchternen "hallo!" und erzählen zum Beispiel vom Scheitern beim Schreiben eines Vortrags für irgendwas mit - richtig: Frieden, Armut und Polyamorie oder davon, vom Jobcenter eine Stelle als Inventurhelfer angeboten zu bekommen:
... damit ich den schneckenfraß an den ra-/ dieschen des arbeitsalltags mal wieder/ von unten studieren/ kann, aber das jobcenter kann nicht wissen
dass auch diese maßnahme nichts als/ öl ins feuer meiner/ metaphernschmelze sein kann,
und ich auf bemerkenswerte weise bald aus-/ rufen werde:
RÉSISTANCE!
und stehe ich also da, zusammen mit die/ anderen polnischen helfer, piotr, kaska,/ grazyna, und naja, zählen wir.
(Ein weiteres Verbot würde übrigens Enjambements betreffen, aber das macht in diesem Fall der dicke Bonuspunkt für "zusammen mit die anderen polnischen helfer" wieder wett!)
Außerdem werden Redewendungen wie "dafür sind wir ja da" oder "oder haben sie ein konzept" auf das Philosophischste recycelt. Gern wird man mitten in einer Suada auch mal von einem Gedanken aus dem Hinterhalt getroffen, der eigentlich zu schön ist, um nicht in HipHop-Hits aufzutauchen: "pornographie ist die rache des mannes an seiner geburt."
Alles in allem also die zweite genre-sprengende Leseempfehlung in zwei Tagen und die Filmszene unten hat übrigens nichts mit Andre Rudolph, aber viel mit Gedicht-Interpretation zu tun. Die Reservoir Dogs sitzen vorm Banküberfall im Diner und streiten über Madonna-Lyrics.
Den Film sah ich mal allein wie Maggie Nelson in einem New Yorker Kino und als Michael Madsens Mr. Blonde (der einzige, der Mr. Browns Schwanz-Interpretation widerspricht - "no, it ain't, it's about a girl who's very vulnerable" -, entpuppt sich als der wahre Psychopath der Truppe) später einem Bullen das Ohr abschneidet, verließen viele New Yorker vorzeitig das Kino. Aber das waren die 90er und das alles geht natürlich heute nicht mehr.
Quelle: Quentin Tarantino Bild: privat EN www.youtube.com
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