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Wie Polizisten Rassismus verlernen

Michaela Haas
Reporterin. Autorin. Kolumnistin.
Zum Kurator'innen-Profil
Michaela HaasSonntag, 04.10.2020

Alle diskutieren über rassistische Polizisten, in Deutschland wie in Amerika. Ich halte die Polizei in Teilen Amerikas für besonders brutal. Die Polizeitruppe in Los Angeles hat allein in diesem Jahr schon mehr als 2.000 Klagen wegen »unverhältnismäßiger Härte« kassiert, auch weil Black-Lives-Matter-Aktivisten mit Videos dokumentierten, dass Polizisten mit Tränengas und Gummigeschossen gegen friedlich Protestierende und Journalisten vorgingen. Ein Whistleblower aus den eigenen Reihen wirft seinen Kollegen gar vor, es gebe innerhalb der Polizei eine rassistische »Mafia«, bei der das Töten eines Schwarzen zum Initiationsritual gehöre.

Es geht aber auch anders. Gerade weil der Ruf der Polizei hier extrem renovierungsbedürftig ist, wagt Los Angeles den Versuch, Polizisten in besonders konfliktreichen Gegenden in die Gemeinschaft zu integrieren. Ich bin mit der neuen, schwarzen Vize-Polizeichefin, Emada Tingirides, auf Streife gegangen, um zu sehen, was sie anders macht.

Tingirides, Mutter zweier Kinder: »Mein Sohn ist 20 Jahre alt und schwarz. Ich muss mit ihm unbequeme Gespräche über die Polizei in diesem Land führen. Ich kenne beide Seiten der Debatte.«

Weil Tingirides es geschafft hat, die Gewalt in ihren Vierteln signifikant zu reduzieren, hat sie nun das Mandat, ihren Ansatz mit 120 Cops auf andere Brennpunkte auszuweiten.

»In der Praxis sind wir Polizisten, Sozialarbeiter, leisten Erste Hilfe, und machen Jobberatung«, sagt Tingirides. »Natürlich ist unsere Hauptaufgabe, für Sicherheit zu sorgen, aber das heißt eben manchmal auch: einer Familie einen Gutschein für Lebensmittel besorgen oder einen Jugendlichen zum kostenlosen Computertraining zu schicken, denn aus der Not heraus entstehen Verbrechen. Es ist ein holistischer Ansatz.«

Diese Reportage ist mir besonders wichtig, weil das Jammern über gewalttätige Polizisten nichts ändert, weil sie ein massives Problem darstellen und weil sie in den allerseltensten Fällen zur Rechenschaft gezogen werden. Sie gedeihen aber nur in einem Klima der Vorurteile und des Vertuschens.

Fragt man Tingirides, worum es bei ihrem Ansatz geht, hat sie eine griffige Antwort:

»Gegenseitiges Vertrauen. Statt einfach unsere Polizeiarbeit zu machen, fragen wir die Anwohner, was sie von uns erwarten, und ihre Ziele nehmen wir ernst. Wir ziehen die Anwohner zur Rechenschaft, und die Anwohner ziehen uns zur Rechenschaft.«


Wie Polizisten Rassismus verlernen

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Kommentare 1
  1. Uwe Protsch
    Uwe Protsch · vor 4 Jahren

    Ich bin froh, diesen Beitrag gelesen zu haben. Denn es ist wichtig, Lösungen auch da aufzuzeigen, wo man auf den ersten Blick verzweifeln könnte. Vielleicht entwickelt sich die Polizei in Kalifornien so schnell weiter, dass sie die deutschen Kollegen bald in den Schatten stellt. Hierzulande scheinen die Verantwortlichen es ja zu bevorzugen, Probleme zu leugnen. Aber womöglich bin ich im Unrecht, und es gibt vergleichbare Ansätze auch in Deutschland? Würde mich freuen, wenn darüber berichtet wird.

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