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Christian Huberts, Jahrgang 1982, studierte »Kulturwissenschaften und ästhetische Praxis« an der Universität Hildesheim und arbeitet seit 2009 als kultur- und medienwissenschaftlicher Publizist mit Sitz in Berlin. Sein inhaltlicher Fokus ist die digitale Spielkultur in allen Facetten.
Er tritt regelmäßig als Experte für digitale Spiele bei Kulturveranstaltungen sowie im Rundfunk und Fernsehen auf. Zuletzt hat er unter anderem den Game-Studies-Sammelband »Zwischen|Welten: Atmosphären im Computerspiel« im vwh-Verlag herausgegeben, das »Handbuch Gameskultur« des Deutschen Kulturrats und des Branchenverbands game redaktionell betreut sowie das Berliner Studio waza! Games als Associate Producer bei der Entwicklung der politischen Bildungs-App Konterbunt unterstützt. Für die Stiftung Digitale Spielekultur arbeitete er von März 2020 bis August 2024 unter anderem als Projektmanager für die Initiative »Erinnern mit Games« und als Projektleiter von »Let’s Remember!«. Daneben schreibt er für wissenschaftliche Publikationen, Kulturmagazine sowie Online-Zeitungen diverse Artikel über die Partizipation an virtuellen Welten und die Kultur von Computerspielen.
Ein Thema, das mich bei Computerspielen aktuell besonders umtreibt, ist die Repräsentation der Unterschicht und die Darstellung von Armut. Wie jüngst wieder The Division bewiesen hat, gibt es in diesem Themenbereich einigen Nachholbedarf. Ein positives Beispiel, dass ich in der Vergangenheit gerne geteilt habe, ist das kurze Browsergame SPENT. Wo in anderen Spielen die »Informed Poverty« vorherrscht – also Armut nur behauptet wird –, stellt SPENT die Spielenden vor tatsächlich existenzielle Entscheidungen: Günstig, aber weit entfernt vom Arbeitsplatz leben oder fast unbezahlbar ganz in der Nähe? Nachhilfeunterricht für das Kind bezahlen oder stattdessen mal gesundes Essen kaufen? Die Möglichkeit, mit wenig Geld alle Aspekte des Lebens zumindest grundsätzlich akzeptabel zu gestalten, gibt es nicht. Armut bedeutet in SPENT, Kompromisse zu schließen – auf Kosten der Gesundheit, der Bildung und/oder der allgemeinen Lebensqualität.
So weit, so gut. Doch heute fiel mir ein Artikel von Psychology Today in die Hände, der Zweifel daran aufkommen lässt, ob SPENT (und andere sogenannte Empathy Games) tatsächlich in der Lage sind, Mitgefühl für marginalisierte Gruppen zu erzeugen. Es scheint sogar, dass oft das genaue Gegenteil der Fall ist. In einer – zugegebenermaßen sehr kleinen – Testreihe hat die Sozialpsychologin Gina Roussos überprüft, wie sich die Einstellung gegenüber armen Menschen nach dem Spielen von SPENT verändert hat. Es zeigt sich, dass gerade Menschen, die vorher eher Verständnis für arme Menschen hatten, nach dem Spielen weniger Empathie zeigten. Roussos erklärt sich das mit einem Paradox, das mir auch schon länger im Kopf rumspukt: Die meisten Computerspiele erlauben Agency – das aktive Verändern der eigenen Situation. Armut hingegen ist von einem Mangel an Agency geprägt. SPENT zeigt nun zwar die Folgen der Armut, jedoch besitzen die Spielenden dennoch die ganze Zeit über Agency. Ergo: »Selbst schuld an ihren falschen Entscheidungen, diese armen Leute!«
Quelle: Gina Roussos EN psychologytoday.com
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