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Kurator'in für: Volk und Wirtschaft Medien und Gesellschaft Technologie und Gesellschaft Fundstücke
Leitet das Digital-Team im Wirtschaftsressort der Süddeutschen Zeitung, was nicht heißt, dass er nur Nerd-Kram piqt. Studierte in Erlangen und Portland Politikwissenschaft und Amerikanistik, schrieb in Nürnberg, Berlin, New York und München. Interessiert an allem Politischen. Am Absurden sowieso. Süchtig nach Longreads.
Hier mal ein Debattenbeitrag zu einer aktuellen Episode des "Cancel-Culture"/"Wokeness"-Diskurses. Ich hatte die Aufregung über die – vermeintliche – Denunziationsstelle für Antifeministen und "Gender-Kritiker" gar nicht mitbekommen, bis ich diesen Artikel las. Nele Pollatschek beschreibt, was geschah, als bekannt wurde: Das Familienministerium fördert angeblich eine "Meldestelle Antifeminismus" bei der Amadeu-Antonio-Stiftung. Kommentatoren in Magazinen und Zeitungen sowie Netz-Aufschreier verbreiteten umgehend, hier werde im Sinne eines durchgeknallten Feminismus Nazi-mäßiges Denunziantentum staatlich gefördert. Pollatschek ist zunächst schockiert, fängt dann aber an zu recherchieren und findet heraus: Die Behauptungen stimmen gar nicht, es geht um den Schutz von bedrohten Menschen.
Morddrohungen, Stalking, Doxing - also das internetbasierte Zusammentragen und Veröffentlichen personenbezogener Daten mit bösartigen Absichten. Es geht der Meldestelle um folgende Problemstellung: Wenn Menschen feministisch tätig sind, als Gleichstellungsbeauftragte oder als Publizisten, kann es ihnen passieren, dass sie Opfer von Versuchen werden, sie so zu bedrohen, dass sie alle Versuche, für gleiche Bezahlung oder gleiche Aufstiegschancen oder sprachliche Sichtbarmachung einzutreten, unterlassen.
Pollatschek beschreibt, wie sie es oft in ihren Texten tut, im Zwiegespräch mit sich selbst und ihren Gedankengängen, wie sie selbst auf die falsche Fährte geführt wird, wie sie mit sich ringt, eigentlich auch mit den Anliegen der Panik-Verbreiter sympathisiert, um dann zu durchschauen, was gespielt wird. Ihr Fazit: Die Debatte lebt von überdrehten Halbwahrheiten und ständiger Erregungsbereitschaft. Ihr Appell: Einfach mal einen Gang runterschalten. Kann man ja nicht oft genug sagen, im Sinne eines Satzes von Jia Tolentino: "Nothing today ever de-escalates."
Der Artikel ist eine gute, aktuell aufgehängte Ergänzung zur These Adrian Daubs, dass die "Cancel Culture" vor allem eine "moral panic" ist. Für die historisch Interessierten empfehle ich auch, sich mit der "satanic ritual abuse"-Panik der 80er-Jahre vertraut zu machen. Sie zeigt, wie der konservative Teil einer Gesellschaft sich in die irrsten Fantasien reinsteigern kann.
Quelle: Nele Pollatschek Bild: dpa Artikel kostenpflichtig www.sueddeutsche.de
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Wieso angebliche Stelle? Ich weiß nicht, ich habe die Stelle sofort gefunden:
https://antifeminismus...
Es geht nicht nur um den Schutz bedrohter Menschen. Es geht auch und oft um sehr allgemeine Vorwürfe:
„ Antifeministische Vorfälle können sich u.a. als sexistisch und frauenfeindlich motivierte Übergriffe äußern. Darüber hinaus beziehen sie sich häufig auf ein konkretes Ereignis (Veranstaltungen, Gesetzesreformen, öffentliche Auftritte, Äußerungen oder Veröffentlichungen usw.) und lassen dabei ein organisiertes Vorgehen bzw. eine dahinterliegende politische Strategie erkennen.
Antifeministische Angriffe transportieren eindeutige Botschaften gegen die Gleichstellung aller Geschlechter, Selbstbestimmung sowie Sichtbarkeit und Anerkennung marginalisierter Menschen.“
Beispiele:
„ Eine Person/Organisation äußert sich auf Social Media zu feministischen Themen und erhält daraufhin Drohnachrichten
Eine Demonstration/Kundgebung/Veranstaltung mit antifeministischen Inhalten oder bekannten Antifeminist*innen findet statt
Die Arbeit einer Gleichstellungsbeauftragten (und/oder ihre Person) wird angegriffen
Eine feministische Veranstaltung wird gestört, z.B. durch antifeministische Zwischenrufe, verbale und körperliche Angriffe auf Organisator*innen und Teilnehmende
Organisierte Angriffe auf Frauen, queere Menschen und Einrichtungen
Attacken gegen trans Personen bis hin zu tödlichen körperlichen Angriffen
Sticker/Flyer mit antifeministischen Inhalten zirkulieren, z.B. Mobilisierung gegen die „Gender-Ideologie“ u.ä.
Mitarbeitende einer Organisation, die zu feministischen Themen arbeitet, werden auf dem Arbeitsweg bedroht
„Gehsteigbelästigung“, d.h. organisierte Gegner*innen von Schwangerschaftsabbrüchen belästigen und bedrohen Menschen, die Angebote von Beratungsstellen und Praxen in Anspruch nehmen wollen
Die Adressen von nicht öffentlichen Frauenhäusern werden veröffentlicht
Publikationen verbreiten dezidierte Verschwörungserzählungen, z.B. über eine vermeintliche „Homo- und Translobby“ oder „Gender-Ideologie“
Instrumentalisierung von Themen für eine antifeministische Agenda (z.B. vermeintlicher „Kindesschutz“ mit queerfeindlichen Narrativen)
Wissenschaftler*innen der Gender Studies werden diffamiert, z.B. als „unwissenschaftlich“, „Geldverschwendung“ etc.
Die Adressen von Einzelpersonen oder Organisationen, die zu feministischen Themen arbeiten, werden im Internet veröffentlicht (sogenanntes „doxxing“)
In Internetforen werden antifeministische Sprüche ausgetauscht
Organisierte Kampagnen gegen geschlechtergerechte Sprache“
Mir scheint da auch eine Panik am Werk …..