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Kurator'in für: Fundstücke Zeit und Geschichte
Seit der ersten Stunde als Kurator bei Forum dabei: Dirk Liesemer arbeitet als Journalist für Magazine wie mare und G/Geschichte. Er hat Politik, Philosophie und Öffentliches Recht studiert, die Henri-Nannen-Journalistenschule besucht, immer mal wieder in Redaktionen gearbeitet und ehrenamtlich eine Reihe von Recherchereisen mitorganisiert und begleitet. Bisher fünf Bücher, darunter "Café Größenwahn" (2023), ein Ausflug zu den großen Kaffeehausliteraten des Fin de Siècle. Foto: Andreas Unger
30 Jahre nach dem Mauerfall wird mal wieder darüber gestritten, ob man die DDR einen Unrechtsstaat nennen darf. Das ist schon deshalb erstaunlich, weil niemand bezweifelt, dass die DDR eine Diktatur war – auch nicht Bodo Ramelow (Linke) und Manuela Schwesig (SPD), die die Debatte angestoßen haben und die beide "nur" den Begriff des "Unrechtsstaats" ablehnen.
Wie aber soll man sich das vorstellen: eine Diktatur, die Menschen an ihrer Grenze erschossen hat, Bürger wegen Nichtigkeiten einsperrte, Sänger aufgrund kritischer Texte auswies, die ein gigantisches Spitzelsystem unterhielt, aber bei all dem kein Unrechtsstaat gewesen sein soll?
Während taz-Autorin Julia Lorenz die Diskussion an "Historikerinnen und Demokratietheoretiker" delegieren will und sich in die Unentschiedenheit des "Einerseits ... Andererseits" flüchtet, lehnt Vladimir Balzer im Deutschlandfunk den Begriff ab, weil er Diskussionen abtöte. Viele Menschen in Ostdeutschland sähen in ihm nur eine Überheblichkeit der Westdeutschen.
Schon der letzte Punkt stimmt so nicht, jedenfalls dann nicht, wenn man sich darunter eine klare Mehrheit vorstellt. Laut einer aktuellen Umfrage im Auftrag der Berliner Morgenpost hält fast genau jeder zweite Ostdeutsche die DDR für einen Unrechtsstaat (im Westen sind es achtzig Prozent).
Auf mich machen einige Kommentare den Eindruck, dass "die Ostdeutschen" per se vor Kritik geschützt werden sollen. Dabei wird übersehen, dass es "die Ostdeutschen" gar nicht gibt. Wie fragmentiert die ostdeutsche Gesellschaft ist, sollte seit den Protesten des Jahres 1989 klar sein.
Empfehlen möchte ich hier einen kurzen Kommentar von Cerstin Gammelin aus der SZ, der mit einer treffenden Bemerkung endet:
Man beschmutzt also nicht die Bürger im Osten, wenn man die DDR einen Unrechtsstaat nennt. Aber man beschmutzt den ungeheuren Mut derjenigen, die den Unrechtsstaat zu Fall gebracht haben, wenn man ihn nicht so nennt.
Quelle: Cerstin Gammelin Bild: dpa sueddeutsche.de
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Natürlich war die DDR kein Rechtsstaat, aber hier geht es um die Gleichsetzung der Nazi-Gewaltherrschaft nicht mit der Stalin-Diktatur, was schon nicht richtig klappt, sondern mit der DDR.
Treffend fand ich die Bemerkung von Thomas Sandkühler, Professor für Geschichtsdidaktik an der Humboldt-Universität zu Berlin:
Der Begriff „Unrechtsstaat“ ist rechtsgeschichtlich (via Radbruch-Formel) eindeutig mit dem NS-Staat verknüpft. Als analytische Kategorie stößt er schon dort auf Grenzen und tut es vollends im Blick auf die DDR, wie die Mauerschützenprozesse gezeigt haben. Wenn der Begriff aber zur wissenschaftlichen Analyse nicht taugt, ist er ein polemischer Kampfbegriff, der das Verständnis der SED-Diktatur nicht erleichtert, sondern erschwert. Die Debatte krankt daran, dass nicht klar gesagt wird, was mit dem Begriff Unrechtsstaat bezeichnet werden soll - das Gegenteil von Rechtsstaatlichkeit, der Unrechtscharakter der Rechtsordnung, das Fehlen von Abwehrrechten des Bürgers gegen den Staat? In einer ziemlich problematischen Lesart entfaltet der Begriff des Unrechtsstaats entlastende Wirkung: dann nämlich, wenn der Zwangscharakter der Rechtsordnung so stark betont wird, dass die Verantwortung des Einzelnen zurücksteht.