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Kurator'in für: Flucht und Einwanderung Literatur Fundstücke Zeit und Geschichte
Dissertation über John Berger (Dr. phil.). Seine Essays und Interviews, seine Reportagen und Rezensionen erscheinen u. a. in Neue Zürcher Zeitung, Blätter für deutsche und internationale Politik, Sinn und Form, Jacobin und Lettre International. Als Historiker wertet er den in der Berliner Staatsbibliothek vorliegenden Nachlass seines Vaters aus. So erschienen »Die Bismarcks. Eine preußische Familiensaga vom Mittelalter bis heute« (2010, zusammen mit Ernst Engelberg) oder die von ihm herausgegebene Neuedition von Ernst Engelbergs »Bismarck. Sturm über Europa« (2014). Als Buchautor publizierte er zuletzt das literarische Sachbuch »An den Rändern Europas« (2021).
Momentan gibt es in den Mediatheken zahlreiche Beiträge über Erinnerungen und Gedenken an das 20. Jahrhundert, die in der Gegenwart wirken und stärker werden. Wer genauer schaut, erkennt, viele beziehen sich gegenseitig aufeinander. Deshalb verknüpfe ich diese in mehreren Picks.
Hier ein Hörspiel nach W.G. Sebalds (1944-2001) letztem zu Lebzeiten publizierten Buch AUSTERLITZ, das sein einziger Roman ist.
Es enthält Grundsätzliches über Kinder, die fliehen mussten. Es ist wieder ein alltägliches Schicksal für Massen. Und wird noch Jahrzehnte virulent sein
Der Ich-Erzähler berichtet von seinen Begegnungen mit dem Architekturhistoriker Jacques Austerlitz, den er Ende der 1960er Jahre in der Antwerpener Centraalstation erstmals zufällig traf:
In langen Gesprächen - zumeist sich nahtlos aneinander reihende biografische Auskünfte Austerlitz' enthaltend - erfährt der Erzähler, wie jener, der sich bis dahin für einen Engländer gehalten hatte, seiner teils ihm selbst kaum erinnerlichen, teils verdrängten Herkunft auf die Spur kam: Kind in Prag lebender jüdischer Eltern, war er im Sommer 1939, im Alter von viereinhalb Jahren, mit einem Kindertransport nach England gerettet worden und bei Pflegeeltern aufgewachsen. Von dieser Entdeckung an widmete sich Austerlitz hauptsächlich der Rekonstruktion seiner Vergangenheit, er suchte nach Zeugnissen seiner Eltern: in Prag, wo er eine Freundin der Familie aufspürte, die sich oft um das Kind gekümmert hatte, in Theresienstadt, wohin seine Mutter, bis zu ihrem Abtransport ins Vernichtungslager, verschleppt worden war.
Über diese Recherchen berichtet nicht Austerlitz direkt, sondern der Ich-Erzähler. Es ist eine Produktion des MDR, die anlässlich von Sebald 80. Geburtstag bis zum 13. Mai 2025 online ist.
Der Pick korrespondiert mit diesem über Jean Amery, der im Roman auftaucht und dessen Erfahrungen als gefolterter Häftling dargestellt werden. Indirekt wie es bei Nachgeborenen üblich ist. W. G. Sebald bezog sich immer wieder auf diesen ungewöhnlichen Autor.
Der ukrainische Regisseur Sergei Loznitsa wiederum nähert sich in historischen wie bildmächtigen dokumentarischen Filmessays der Gewaltgeschichte des 20. Jahrhundert, die sich in seiner Heimat im 21. Jahrhundert fortsetzt. Den hier im Hörspiel vorgestellten Roman Austerlitz verfilmte er 2016; Sebalds berühmter Essay "Luftkrieg und Literatur" inspirierte ihn zu diesem, in einem anderen Pick vorgestellten Film.
Quelle: W. G. Sebald, Stefan Kanis u. a. Bild: mdr www.mdr.de
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