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Flucht und Einwanderung

Gestern & Heute: Müller zeichnet Landschaften der Heimatlosigkeit

Achim Engelberg
schreibt, kuratiert, gibt heraus
Zum Kurator'innen-Profil
Achim EngelbergDonnerstag, 17.08.2023

Es geschah vor 70 Jahren: Am 17. August 1953 kam in Nițchidorf ein kleines Mädchen auf die Welt, die in Rumänien so viel erlebte, dass sie vieles zu erzählen hatte.

Dennoch erstaunte es viele als Peter Englund 2009 verkündete, dass der Nobelpreis für Literatur an Herta Müller geht. Er begründete die Entscheidung der Schwedischen Akademie damit: die Autorin

zeichnet Landschaften der Heimatlosigkeit.

Hier kann man ihre berührende Nobelpreisvorlesung hören und sehen und hier lesen.

Zu ihrem 70. Geburtstag gibt es viele Beiträge, u. a. einen von Lothar Müller in der SZ, den man alternativ auf blendle lesen kann:

Die Erfahrung der Diktatur ist Ausgangspunkt und Erfahrungskern in Herta Müllers literarischem Werk. Er ist eng verknüpft mit ihrem zweiten Lebensthema, dem Exil.

Dabei geht er auch auf den geistigen Zusammenhang ihres aktuellen Buchs "Eine Fliege kommt durch einen halben Wald" ein, das Reden und Essays, Nachworte und Rezensionen enthält, und zitiert daraus über ihre Ausreise aus Rumänien:

Ich war nicht zu meinem Onkel gekommen, sondern ins Exil. Für mich war dieser Begriff nicht verhandelbar. Ich beanspruchte ihn, weil er den Tatsachen entsprach.

Frei zugänglich ist die Würdigung von Cornelia Geißler, in dem es über ihren bislang besten Roman "Atemschaukel" heißt, dass dieser

aus dem Inneren eines Arbeitslagers in der Sowjetunion erzählt. Die Erfahrung von Hunger, Angst, Heimweh, Verwahrlosung drückt sich in einer Sprache aus, die über das Formulierte hinaus eine immense Wirkung auf den Leser, die Leserin hat.

Er erschien 2009 und seitdem veröffentlichte Herta Müller etliche andere Werke, aber keinen Roman mehr.

Außerdem ist ein Gespräch mit Carsten Hueck vom Deutschlandfunk Kultur wieder zugänglich, dass er mit der Autorin im vergangenen Jahr zum 40. Jahrestag ihres ersten Buches führte.

Hören- und sehenswert und eine echte Sternstunde ist das Gespräch, das Juri Steiner führte.

Über das Schicksal von Herta Müller hinaus geht der Film Freiheit gewonnen – Heimat verloren. Über Leben im Exil, in dem sie sich für ein zentrales Exilmuseum in Berlin ausspricht.

In dem provisorischen Museum, das mit anderen Institutionen zusammenarbeitet, tritt sie bald auf: Am 8. September zur langen Nacht des Exils.

Wahrscheinlich wird sie dabei auch daran erinnern, dass es ohne die Vertreibungen aus Deutschland durch die Nazidiktatur, die Vertriebenen aus den deutschen Ostgebieten nicht gegeben hätte.

Gestern & Heute: Müller zeichnet Landschaften der Heimatlosigkeit

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Kommentare 4
  1. Thomas Wahl
    Thomas Wahl · vor mehr als ein Jahr

    Paul Jandl in der NZZ.

    "Wenn die Welt voller stumpfer Gewalt ist, wird die Sensibilität zum Instrument der Selbstrettung – das ist die Botschaft der Bücher von Herta Müller. Der Trost, der davon ausgeht, beschönigt nichts. Er ist haltbar und universell."

    https://www.nzz.ch/feu...

    1. Achim Engelberg
      Achim Engelberg · vor mehr als ein Jahr

      Ein gutes Zitat aus einer guten Ergänzung.

  2. Dirk Liesemer
    Dirk Liesemer · vor mehr als ein Jahr

    Hier übrigens auch noch ein Portrait aus der Reihe „Deutschland, deine Künstler“ https://youtu.be/F4XAq...

    1. Achim Engelberg
      Achim Engelberg · vor mehr als ein Jahr

      Danke für die Ergänzung.

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