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hat Literatur und Performance Studies studiert, als freier Korrespondent in New York und als Redakteur bei verschiedenen Zeitschriften gearbeitet. Seine Texte erscheinen in einer Reihe von Zeitungen und Magazinen, unter anderem in der ZEIT, der Weltkunst, DU, Mousse und im Philosophiemagazin. Er ist Autor der Biographie "Susan Sontag. Geist und Glamour" (Aufbau / Northwestern University Press) sowie der Essaybände "Nüchtern. Über das Trinken und das Glück" und "Zuhause. Die Suche nach dem Ort, an dem wir leben wollen" (Hanser Berlin). Er lebt in Berlin.
Gestern erreichte mich die Email der Redakteurin einer obskuren Lifestyle-Website aus Baden-Baden, die nur einmal unschuldig fragen wollte, ob diese ganze Sache mit den Schwulen in Tschetschenien nicht Fake News sei und zum Beweis einen Link mit einem Artikel aus Putins Propagandaportal „Russia Today" mitschickte, der genau das behauptete. Ich hätte die Absenderin gerne gefragt, ob sie zu den tausenden Deutschen gehört, die von Russland für genau solche Emails und Blogkommentare bezahlt werden. Die Verbreitung neuer Wahrheiten ist bekanntlich nur das vordergründige Ziel von Fake News, das eigentliche Ziel ist, dafür zu sorgen, dass irgendwann niemand mehr weiß, was wahr oder falsch ist. Deswegen an dieser Stelle eine kleine Presserundschau mit Beiträgen, die darüber berichten, was tatsächlich in Tschetschenien passiert: Die UNO, die Vereinigten Staaten und Großbritannien haben die Morde offiziell verurteilt. Die New York Times hat mit Überlebenden gesprochen und ihren Reporter außerdem mit einem Stück beauftragt, in dem er darüber schreibt, wie es war, diese Männer zu treffen. CNN hat ebenfalls Überlebende interviewt. Währenddessen leugnen sowohl Putin als auch der tschetschenische Präsident - unter anderem zu lesen in dieser Zusammenfassung im Advocate - dass es systematische Morde und Folter an schwulen Männern gibt bzw. sie leugnen, dass es überhaupt schwule Männer in der russischen Republik gibt. Nach den „Anti-Propagandagesetzen", dem Grundstein für die Verfolgung schwuler Männer in Russland, haben wir nun mehrere Eskalationsstufen übersprungen und erleben den Beginn eines Genozids. Den Genozid, für den sich kaum jemanden zu interessieren scheint — nicht zuletzt, weil Menschen wie die Baden-Badener Lifestyleredakteurin dafür sorgen, dass immer mehr von uns glauben, dass es ihn nicht gibt. Putin und seine Handlanger verfolgen, foltern und ermorden systematisch eine Bevölkerungsgruppe ihres Landes und wir schauen dabei zu.
Quelle: Andrew E. Kramer Bild: James Hill EN nytimes.com
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Fake News in diesem Zusammenhang ist natürlich echt dick. Aber den Hinweis von Frederik ob des Begriffs "Genozid" kann ich gut nachvollziehen. Ist das so was wie ein Maskuzid oder ein Homozid (vgl. Femizide etwa in Mexiko)?
Danke für die Zusammenstellung, Daniel. Eine Ergänzung meinerseits vom piqd-Kollegen Keno Verseck (Kanal: Osteuropa): https://www.piqd.de/os...
Dieser Fall ist ein großartiger Beleg dafür, wie perfide moderne Informationskriege geführt werden. Je haarsträubender das Verbrechen, desto einfacher ist es, die Berichterstattung als "Fake" wegzuwischen. "Ihr glaubt doch nicht ernsthaft, dass wir....Wie sollten wir...? Das ist doch lächerlich". D.h. in der Logik dieser neuen Informations-Dynamik werden Taten belohnt, die so drastisch mit dem westlichen Konsens von Menschenrechten und einer offenen Gesellschaft brechen, dass sich auch ohne Zutun von außen schon etwas im Leser/der Leserin sträubt, das Geschehene zu glauben.
Aber erlaube mir eine naive Frage: Ist "Genozid" in diesem Kontext tatsächlich die passende Bezeichnung? Ich assoziiere mit dem Begriff den Mord von ethnischen oder religiösen Gruppen. Tut man Homosexuellen einen Gefallen wenn man sie wie eine völkische oder religiöse Gemeinschaft versteht, bzw. sie in diese semantische Nachbarschaft rückt?
Sehr geehrter Herr Schreiber, so löblich ihr Ansinnen ist russische Fakenews zu widerlegen, so kontraproduktiv ist es doch wenn sie dabei zu denselben propagandistischen Mittel greifen.
1. Die UN haben nichts verurteilt. Stattdessen 5 Fachmenschen die für die UN arbeiten.
2. Weder die USA, noch GB oder die UN haben systematische Morde verurteilt, sondern Verhaftungen und Folter.
3. Belege für systematische Morde oder gar einen "Genozid" gibt es in keinem ihrer Artikel.
V.a. ihr ungeheuerlicher Genozid-Vorwurf ist nicht nur eine Relativierung tatsächlicher Völkermorde, sondern auch ein Bärendienst für die tatsächlich Verfolgten in Tschetschenien, weil der Leser zwischen Übertreibungen wie ihrer und russischer Relativierung das tatsächliche Leid irgendwann nicht mehr erkennt und lieber ganz abschaltet.
Und sehr geehrter Herr von Jordan, nein, so geht Fast Checking eben nicht. Wenn man bei Piqd für diese Art der Irreführung auch noch einen Orden gibt, können sie ihre "Expertenplattform" am besten gleich wieder schließen.
Guter, notwendiger Überblick. Danke.
Danke Daniel! Extra großer piqd-Orden am Bande! Ich finde es extrem wichtig, dass Ihr ab und an auch Dinge "zerlegt" - so geht fact-checking!