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Kurator'in für: Flucht und Einwanderung Literatur Fundstücke Zeit und Geschichte
Dissertation über John Berger (Dr. phil.). Seine Essays und Interviews, seine Reportagen und Rezensionen erscheinen u. a. in Neue Zürcher Zeitung, Blätter für deutsche und internationale Politik, Sinn und Form, Jacobin und Lettre International. Als Historiker wertet er den in der Berliner Staatsbibliothek vorliegenden Nachlass seines Vaters aus. So erschienen »Die Bismarcks. Eine preußische Familiensaga vom Mittelalter bis heute« (2010, zusammen mit Ernst Engelberg) oder die von ihm herausgegebene Neuedition von Ernst Engelbergs »Bismarck. Sturm über Europa« (2014). Als Buchautor publizierte er zuletzt das literarische Sachbuch »An den Rändern Europas« (2021).
Wer verstehen möchte, warum Deutschland bei einer weiteren EU-Integration zögert und osteuropäische Staaten auf Deutschland allergisch reagieren, sollte nicht bei Charaktereigenschaften einiger Akteure ansetzen, sondern die im letzten Vierteljahrhundert entstandenen Macht- und Eigentumsverhältnisse analysieren.
Es ist eine fromme Lüge, dass der „kranke Mann der Eurozone“ (The Economist, 3. Juni 1999)
durch die Hartz-Gesetze von 2003 und 2005 auf wundersame Weise gesund geworden sein soll. Allein die Hartz-Reformen hätten die deutsche Wirtschaft wieder wettbewerbsfähig gemacht und den Auslandsabsatz von Mercedes wieder angekurbelt – und Emmanuel Macron davon überzeugt, dass das gleiche Rezept in Frankreich angewandt werden müsse.
Viel entscheidender ist für viele Beobachter
der ungleiche Handel mit Polen, Tschechien, Ungarn und der Slowakei – also den Ländern der sogenannten Visegrád-Gruppe.
Mit der steten Hoffnung, da sich die Lebensverhältnisse in Osteuropa nach den Schockwellen der 1990er vielerorts besserten, ging das lange gut. Da sich die Lage in Folge der Finanzkrise ab 2008/09 zuspitzte, wurden etliche Probleme in die Peripherie ausgelagert.
Für den tschechischen Politikwissenschaftler Vladimir Handl verstärkte sich dadurch ein
Paradoxon der Geschichte, dass Deutschland ausgerechnet durch die europäische Integration – die doch nach dem Kalten Krieg die enorme deutsche Wirtschaftsmacht bändigen sollte – in die Rolle des Hegemons gedrängt wurde.
Parallel wuchsen die illiberalen Kräfte in Osteuropa:
Aus der Rolle der Montagewerkstatt ausbrechen, eigene Produktionskapazitäten für den europäischen Markt aufbauen: Das ist die ökonomische Seite des EU-skeptischen, konservativ-autoritären Regierungsmodells in Polen, Ungarn, Tschechien und der Slowakei.
Um nicht falsch verstanden zu werden: Deutschland ist ein wichtiger Machtfaktor, aber nicht der alleinige Verantwortliche. Aber wenn man diese Rolle, die Deutschland spielt, versteht, wird manches Zögern verständlich.
Quelle: Pierre Rimbert monde-diplomatique.de
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