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Europa

Der italienische Budgetstreit und die Demokratie

Eric Bonse
Finanzkrise, Eurokrise, Deflations-Gefahr: Als EU-Korrespondent in Brüssel wird man notgedrungen zum Wirtschaftexperten.

Studium der Politikwissenschaft in Hamburg, danach als freier Journalist nach Paris, wo mich das "Handelsblatt" engagiert hat. Seit 2004 lebe und arbeite ich in Brüssel, seit 2010 wieder freiberuflich, u.a. für "taz" und "Cicero". Zudem betreibe ich den EU-Watchblog "Lost in EUrope".

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Eric BonseFreitag, 16.11.2018

Der Streit um den italienischen Budgetentwurf für 2019 spitzt sich zu. Die EU-Kommission hat im Rahmen des "Europäischen Semesters" - der halbjährlichen Überprüfung der Finanzpolitik in der Eurozone - Änderungen an dem Entwurf gefordert. Er sieht eine Neuverschuldung von 2,4 Prozent des BIP vor, die alte Regierung in Rom hatte Brüssel noch 0,8 Prozent gemeldet.

"Die Populisten wollen die Schulden verdreifachen", machen daraus viele Medien. Allerdings übersehen sie, dass 2,4 Prozent immer noch unter der im Maastricht-Vertrag erlaubten Schwelle von 3 Prozent liegen. Zudem wird gerne vergessen, dass es in Rom einen Regierungswechsel gegeben hat - und dass der Budgetentwurf die neuen Prioritäten der neuen Regierung widerspiegelt.

Und hier liegt ein Problem, meint der Brüsseler EU-Korrespondent der französischen Tageszeitung "Libération". Denn die Lega und die Fünf-Sterne-Bewegung sind - was immer man auch sonst gegen sie einwenden mag - demokratisch legitimiert. Von der EU-Kommission könne man dies nicht behaupten. Sie ist nicht gewählt und niemandem Rechenschaft schuldig.

Quatremer spricht von einem "Schock zweier Legitimitäten": Der direkt gewählten Regierung in Rom und der nur indirekt demokratisch legitimierten Kommission in Brüssel. Tatsächlich kann es hier zu einem Konflikt kommen. Wenn die EU-Kommission - wie geplant - ein Defizitverfahren gegen Italien einleitet, wird dies die Regierung in Rom als Angriff auf die Demokratie werten.

Für die Populisten ist das Vorgehen der EU Wasser auf ihre Mühlen. Ändern ließe sich das nur, wenn das Europaparlament viel enger als bisher in das Europäische Semester eingebunden würde - und die Macht bekäme, die EU-Kommission in der Finanzpolitik effizient zu überwachen und zur Not auch zu stürzen. Auch ein eigenes Euro-Budget würde den Konflikt entschärfen.

Beides hat Frankreichs Staatschef Macron vorgeschlagen. Doch er ist nicht durchgedrungen. Bleibt zu hoffen, dass der Budgetstreit mit Italien doch noch zu Reformen führt.

Der italienische Budgetstreit und die Demokratie

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Kommentare 2
  1. Thomas Wahl
    Thomas Wahl · vor 6 Jahren

    Kann man das so hart sagen, die Kommission sei nicht demokratisch legitimiert? Sie ist ja sowas wie die Exekutive und die wird m.W. in den EU-Ländern nirgends gewählt. Die Mitglieder der Kommission der Europäischen Union, die „EU-Kommissare“, werden von den demokratisch gewählten Regierungen der EU-Staaten incl. Italiens nominiert und vom Europäischen Parlament bestätigt. Was ist daran undemokratisch?

    1. Eric Bonse
      Eric Bonse · vor 6 Jahren

      Die EU-Kommission ist ein Zwitterwesen: Sie schlägt die Gesetze vor, wacht über deren Einhaltung, hütet die Verträge - und sie will auch so etwas wie eine europäische Regierung sein. Doch nur der Kommissionspräsident wird bisher gewählt. Und auch er hat nur eine ganz schwache demokratische Accountability, wie man z.B. in der LuxLeaks-Affäre oder im Fall Selmayr gesehen hat. Der Fall Moscovici ist typisch für das Dilemma: Als sozialistischer Finanzminister in Paris wehrte er sich gegen Sparauflagen aus Brüssel. Nun, als - nicht mehr sozialistischer - EU-Kommissar verhängt er sie selbst. Seine Regierung in Frankreich wurde längst abgewählt, er ist niemandem mehr politisch Rechenschaft schuldig und muss für seine Vorgaben nicht grade stehen. Dabei greift er in das Königsrecht des Parlaments, das Budgetrecht, ein. Wo ist die demokratische Legitimation?

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